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Fortbilden mit dem DGB-Bildungswerk NRW e. V.
Kompetenz im Umgang mit Diversität
Karim Fereidooni ist Bildungsforscher und
Lehrer. Im Fokus seiner Arbeit steht die Benach-
teiligung von Kindern und Lehrkräften mit Mi-
grationshintergrund: „Das Risiko für Kinder aus
Zuwandererfamilien in der Grundschule nicht
versetzt zu werden, ist viermal höher als das
anderer Kinder.“ Und der Trend der Benachteili-
gung setzt sich fort, indem weniger Gymnasial-
empfehlungen erteilt werden und das Risiko der
Abschulung am Gymnasium hoch bleibt.
Bildung auch auf Umwegen
Im Projekt „Lehrkräfte mit Zuwanderungs-
geschichte“ engagieren sich LehrerInnen, um
junge Menschen mit Migrationshintergrund auf
ihrem Weg zu unterstützen. Eine nicht repräsen-
Bildungsbenachteiligungen aufzuheben ist seit Jahrzehnten politisches Be-
kenntnis. Doch immer von Neuem bestätigen wissenschaftliche Untersu-
chungen, dass es damit nur sehr langsam vorangeht. Die strukturellen Bedin-
gungen des Schulwesens tragen wesentlich dazu bei, dass Bildungsprivilegien
erhalten bleiben, während die Verlierer im System zuverlässig feststehen. Was
kann Schule tun, um betroffene Kinder von Beginn an zu unterstützen?
tative Befragung der Mitglieder zeigte, dass 90
Prozent ihr Abitur nicht dem „Königsweg Gym-
nasium“ verdanken, sondern dem zweiten Bil-
dungsweg oder der Gesamtschule. Der Befund
spricht für die unterschiedlichen Bildungswege.
Er zeigt aber auch, dass die Förderung von Kin-
dern mit Migrationshintergrund am Gymnasium
nur eingeschränkt funktioniert. Lösungen sieht
Karim Fereidooni nur dann, wenn pädagogische
Maßnahmen stärker auf Unterstützung und we-
niger auf Selektion zielen. Er tritt für längeres ge-
meinsames Lernen und die bewusste schulische
Anerkennung der Muttersprachen ein.
Potenzial Zweisprachigkeit
Im Januar 2014 titelte die Westdeutsche
Allgemeine Zeitung (WAZ): „Jedes vierte Kind
spricht zuhause kein Deutsch.“ Die Korrektheit
dieser Aussage steht nicht in Zweifel. Doch
weshalb schrieb die Zeitung nicht: „Jedes vierte
Kind in NRW spricht zwei Sprachen?“ Zu oft
wird der Blick auf (vermeintliche) Defizite ge-
richtet, zu wenig werden Potenziale gesehen.
Unterrichtspraktische Lösungen bieten Ansätze
zu einem sensiblen Umgang mit sprachlichen
Varietäten. Die Orientierung an der Bildungs-
sprache in Unterrichtsgesprächen, Aufgaben-
stellungen und schriftlichen Arbeiten kommt
Kindern aus bildungsbürgerlichen Milieus noch
Fortbildungen für
Lehrkräfte
GEW NRW, Schulministerium, Koordinierungsstelle
der Kommunalen Integrationszentren, Landeskoor-
dination des Netzwerks „Schule ohne Rassismus
– Schule mit Courage“ und kommunale Partner
– sie alle unterstützen die Angebote des DGB-Bil-
dungswerks NRW e. V. In den Fortbildungen werden
Kompetenzen im Umgang mit Diversität vermittelt
und Themen aufgegriffen, die den Schulen unter
den Nägeln brennen: Wie können wir Kindern aus
Zuwandererfamilien und Flüchtlingen helfen? Wie
überwinden wir Misstrauen und soziale oder sprach-
liche Barrieren? Die Angebote richten sich an Schu-
len und andere Bildungseinrichtungen. Inhouse-
Fortbildungen werden individuell gestaltet.
Aus der Praxis
In Raum 30 des Weiterbildungskollegs Emscher
Lippe geht es an diesem Nachmittag hoch her: Im
Rahmen des interkulturellen Trainings wird eine
Konfliktsituation nachgespielt. Trainer Daniel We-
ber gibt gezielte Hinweise. Die Komplexität einer
Alltagssituation und die Vielfalt der Interpreta-
tions- und Handlungsmöglichkeiten werden disku-
tiert. An der Fortbildung nehmen 17 LehrerInnen
verschiedenster Fachbereiche teil. Auch Schulleiter
Günter Jahn ist dabei. Er sieht in dem Training eine
Erweiterung interkultureller Kompetenz, von der
er sich wegen der Nähe zur Schulwirklichkeit hohe
Nachhaltigkeit verspricht.
Veranstaltungen im März 2014
u
6. März
WIR in der Grundschule – interkulturelles
Kompetenztraining und Erfahrungsaustausch
u
13. März
Migrationsgeschichte mit Schüle-
rInnen gemeinsam im Kölner Dokumentations-
zentrum und Museum über die Migration in
Deutschland (DOMiD) erkunden
u
17. März
VertrauenslehrerInnen machen sich fit
für Menschenrechts- und Demokratieerziehung
u
24. März
Rechtsextremismus – Prävention an
Schulen
u
26. März
Pädagogisches Handeln in der Migra-
tionsgesellschaft. Zum Umgang mit Differenz in
der Schule
Infos und Anmeldung
Manfred Diekenbrock (Bildungsreferent)
Telefon: 0211-17523 182, Fax: 0211-17523 161
E-Mail:
Web:
am ehesten entgegen. Doch diesen Milieus ge-
hört in Deutschland schon lange nicht mehr
die Mehrheit der Bevölkerung an. Aus den un-
terschiedlichsten Gründen erleben Kinder eine
Alltags-, Medien- und Familiensprache, die sich
wesentlich von der geforderten Bildungssprache
unterscheidet. Hier Brücken zu bauen wird eine
immer wichtigere Aufgabe aller Fachbereiche.
Multikultur und Sozialverantwortung
Unterstützung auf diesem Weg bieten das
DGB-Bildungswerk NRW e. V. und seine Partner:
In verschiedenen Modulen vermitteln Fortbil-
dungen fachliche Kenntnisse zur sprachsen-
siblen Unterrichtsgestaltung, zum Umgang mit
kultureller Unterschiedlichkeit und sozial be-
dingten Konflikten. Interkulturelle Öffnung von
Schule in diesem Sinne weist über den Aspekt
der Migration hinaus. Es geht darum, Kindern
aus unterschiedlichsten Milieus, mit unter-
schiedlichen kulturellen und religiösen Bezügen
sowie Kindern mit Behinderungen alle Schulen
zu öffnen. Es geht um eine allumfassende Inklu-
sion. Die Öffnung für benachteiligte Gruppen
kann nur gelingen, wenn die ganze Schule mit-
macht. Dass dies eine besondere Herausforde-
rung für Gymnasien darstellt, ergibt sich unter
anderem aus ihrer Ausrichtung auf besondere
Begabungen und dem zugrunde liegenden Leis-
tungsbegriff.
Manfred Diekenbrock
Manfred Diekenbrock
Projekt „Pädagogische Arbeit
gegen Rassismus! Menschen-
rechts- und Demokratieerziehung
in Schulen“
Interkulturelles Training in der Gruppe.
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nds 2-2014
Foto: M. Diekenbrock
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