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nds X-2014
Auch die Befürchtung, dass die SchülerInnen
mit automatischen Rechtschreib- und Gramma-
tiküberprüfungen diese Kompetenz verlernen,
teilt der Lehrer nicht: „Das wird hier genauso
überprüft wie bei Klassenarbeiten.“
Medienarbeit als Kernkompetenz
Tim, Jens und Justus verlassen die Klasse.
Sie wollen ein nachgestelltes Interview mit
einem entfernten Verwandten des im Zweiten
Weltkrieg deportierten Janusz Korczak nach-
stellen. Dafür brauchen sie Ruhe und zwei Ta-
blets. Mit dem einen nehmen sie ein Video auf
und mit dem anderen greift der Interviewte on-
line auf Informationen zurück. Tim und Justus
stellen die Fragen. Jens wird den Verwandten
von Janusz Korczak spielen. Probleme mit der
Bedienung haben sie schon lange nicht mehr.
„Ich habe seit vier oder fünf Monaten selbst ein
Tablet“, sagt Justus. Und schon vorher habe
er sich viel von seinen Freunden abgeguckt,
die ein ähnliches Gerät haben. Jens ist erst
seit einer Woche stolzer Besitzer eines Tablets.
„Die Bedienung ist einfach. Da habe ich keine
Schwierigkeiten“, versichert er.
Während die drei Schüler auf dem Flur ihr
Interview aufnehmen, neigt sich der Religions-
unterricht in der Klasse dem Ende zu. Einige
schauen sich inzwischen Videos auf YouTube
an oder spielen. „Manchmal lässt man sich
leicht ablenken“, gibt Francesco zu. „Manchmal
aber auch nicht.“
„Es stimmt, dass sich die SchülerInnen auch
mit anderen Dingen, als mit der Aufgabe be-
schäftigen können“, sagt André Spang locker.
„Wir machen hier Projektarbeit. Und wenn die
SchülerInnen mit ihrer Aufgabe fertig sind,
können sie sich meinetwegen auch etwas an-
deres im Internet machen“, erklärt er. Das sei
ohne die Tablets nicht anders. „Da würden sie
auf den Blättern rummalen oder daraus Papier-
flieger basteln.“
Die KAS war die erste Schule in Deutsch-
land, die die Arbeit im papierlosen Klassenzim-
mer konsequent durchgesetzt hat. Inzwischen
laufen auch Abiturprüfungen oder Klassenar-
beiten über die Tablets.
Die Steuergruppe „Schulentwicklung“ der KAS
engagierte sich für diesen Weg. Der Förderverein
bezahlte die ersten 20 Geräte. Inzwischen besitzt
die Schule 60 Stück. Sie entschied sich sogar ge-
gen den Bau eines Computerraums und für die
Tablets – nicht zuletzt wegen der langen Bauzeit.
Außerdem denkt die KAS über ein flächende-
ckendes WLAN-Netz an der gesamten Schule
nach. „Da müssen aber auch erst mal recht-
liche Dinge berücksichtigt werden“, weiß André
Spang. „Die Entwicklung läuft noch schleppend.
Andere Länder sind da viel weiter. Deutschland
ist bei dem Thema noch sehr zurückhaltend.“
LehrerInnen als Verkaufsmultiplikator
Diesen Trend in Schulen haben aber auch
längst Computerkonzerne wie Apple entdeckt.
Mit eigenen Bildungsseiten und Preisangebo-
ten wollen sie LehrerInnen und Schulen für
ihr Produkt gewinnen und binden. DIE WELT
berichtete sogar von Seminaren in Luxushotels
für PädagogInnen, die teilweise vom Konzern
finanziert werden. Alles mit dem Ziel, dass ihre
Geräte in den Klassen verwendet werden.
Dass sich SchülerInnen von den iPads an der
KAS in ihrem späteren Kaufverhalten beein-
flussen lassen, glaubt André Spang aber nicht:
„Die sind so mündig, dass das meiner Meinung
nach keinen Einfluss auf sie haben wird.“ Die
Schule sei bei der Wahl der Tablets aber auch
eingeschränkt. „Bei solchen Projekten müssen
wir uns zwangsläufig an einen Anbieter bin-
den“, erklärt André Spang. Da sei es egal, ob
der Samsung oder Apple heiße. Er glaubt aber,
dass es andere Dinge gibt, die wichtiger sind
als die Entscheidung der Marke: „Die Schulen
und LehrerInnen müssen Konzepte und die In-
frastruktur bereitstellen. Die Frage nach dem
Anbieter kommt erst an vierter Stelle.“
Religionslehrer André Spang hofft, dass die
SchülerInnen in Zukunft ihre eigenen Geräte
von zu Hause mitbringen können und nicht
mehr auf die Schul-Tablets angewiesen sind.
„Dann hätten sie die Möglichkeit, ihre eigenen
Arbeiten auf ihren eigenen Geräten zu spei-
chern“, sagt er. Das sei bis jetzt ein großes Pro-
blem. Denn die ganze Schule benutzt die 60
Tablets. Lokal gespeicherte Dateien wieder zu
benutzen, ist da schwierig.
Ole Engfeld
Die Tablets sind inzwischen fester Bestandteil an der KAS in Köln geworden: Ob Religion, Sport oder Französisch – in
allen Fächern können die Handcomputer eingesetzt werden. Die SchülerInnen freut‘s!
Fotos: B. Butzke
Das persönliche Gespräch suchen Lehrer und Schüle-
rInnen nach wie vor.
Ole Engfeld
nds-Redaktion
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