die nicht zügig durchs System gehen, durch
Forschung sowie zeitintensive politische und
kulturelle Arbeit entscheidend zur Aufrecht-
erhaltung und Weiterentwicklung des gesell-
schaftlichen Bildungsstandes bei.
Wer kann sich was leisten?
Nicht nur Studierende, die unbezahlte,
aber gesellschaftlich notwendige Arbeit leis-
ten, sind oft von akuter Geldnot betroffen.
Etwa zwei Drittel der Studierenden jobben
sich prekär durch und können allein deshalb
nicht brav geradeaus studieren. Und falls es
doch drei Studierende geben sollte, die im
30. Semester noch immer den ganzen Tag
lesend und diskutierend zusammensitzen,
sollte es sich der hart arbeitende Teil der
Bevölkerung vielleicht einmal leisten, sich
dazuzusetzen, um die Grundfesten seiner
Weltanschauung gefährden zu lassen. Eine
kritische Gesellschaft kann auf niemanden
verzichten, wenn die Arbeit an den Hoch-
schulen allen zugutekommen soll. Der Lan-
desausschuss für Studierende der GEW NRW
wird deshalb verstärkt gegen jede Form von
Zwangsexmatrikulationen vorgehen.
Eva Caspers und Stefan Brackertz,
Landesausschuss für Studierende
der GEW NRW
Bildungswegen teils mit Durchfallquoten
von bis zu 80 Prozent. Eher selten fallen
Studierende hingegen durch Abschluss-
prüfungen der klassischen Studiengänge.
Außerdem werden zunehmend Höchststudi-
endauern angesetzt, die nicht überschritten
werden dürfen.
Zittern ist unproduktiv
Angst ist aber keine gute Lernvorausset-
zung. Sie reproduziert die Verhältnisse am
Arbeitsmarkt und legt das Abarbeiten und
die Pflichterfüllung nahe. Es gibt keinen
Raum für die eigene Entwicklung und selbst-
ständiges Hinterfragen. Dieser Zustand
steht im Widerspruch zu Erkenntnissuche,
Kritik und Diskurs, die doch die Triebfedern
von Wissenschaft sind. Im Gegenteil: Eine
intellektuell lähmende Kultur des Bluffens
und Reproduzierens wird gefördert.
Zeitverschwendung Langzeitstudium?
Zwangsexmatrikulationen betreffen nicht
nur davon akut Bedrohte, die sich meist als
Leistungsversager verstehen und verschämt
verstecken. Vielmehr sollen alle geradlinig
ihren Pflichten nachkommen. Dabei wird an
die Argumente pro Studiengebühren ange-
knüpft: Die kritische und vertiefte Ausein-
andersetzung mit Studieninhalten braucht
unstreitig Zeit und ist Grundlage für eine so-
lidarische Gestaltung der Gesellschaft. Lang-
zeitstudierende darzustellen, als würden sie
das Gemeinwesen lediglich ausnutzen, ist in
jeder Hinsicht falsch!
Ebenfalls bekannt aus der Gebühren-Ära
ist, Druck geradezu als karitativen Akt ge-
genüber den Betroffenen darzustellen, der
ihnen weitere erfolglose Zeitverschwendung
ersparen soll. Zu fragen wäre: Warum muss
das Studium demotivierend bleiben, dass so
abwegige Ideen entstehen?
Zu viel Bildung?
Worauf wird verzichtet, wenn alle damit
beschäftigt sind, Abschluss zu machen? Es
tragen doch insbesondere jene Studierende,
In Nordrhein-Westfalen kündigt sich wegen auslaufender Diplom-, Magister-
und Staatsexamensstudiengänge eine neue Welle Zwangsexmatrikulationen
an. Sie sind aber kein Übergangsphänomen. Zwangsexmatrikulationen bedro-
hen die Studienperspektiven und Existenzen vieler Studierender.
Sowohl in vielen klassischen als auch
in Bachelor-Master-Studiengängen (BaMa)
müssen Studierende das endgültige Nichtbe-
stehen fürchten. In ersteren betrifft das ledig-
lich Abschlussprüfungen. Im BaMa-System
kann jede einzelne Prüfungsleistung das
endgültige Aus bedeuten, da die Anzahl der
Versuche oft auf zwei bis vier beschränkt ist.
Aber gerade die Prüfungsleistungen in den
Anfängerveranstaltungen glänzen in beiden
Kommentar: Ein kritischer Blick auf die Argumente pro Zwangsexmatrikulation
Gegen ein Durchlauferhitzer-Studium
Der Studierende als Schmarotzer
Die INSM Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
plädierte mit ihrer Kampagne aus 2005 für Stu-
diengebühren. Auch in 2013 startete die Lobby-
GmbH des Arbeitgeberverbandes der Metall- und
Elektroindustrie eine Kampagne mit gleicher
Aussage. Was sie nicht zeigt: Der durch die INSM
vertretene Arbeitgeber profitiert von der (künfti-
gen) Arbeit beider – von der des Ingenieurs und
des Mechanikers. Cui bono?
Studienkosten belasten
die Falschen.
Istesnichtungerecht,dasseinKfz-MechanikereinemRechtsanwaltdasStudiumbezahlt?Unddas,
obwohlderRechtsanwalt später imBerufsleben von seinerAusbildung finanziellprofitiert?Genau
wieÄrzte, Ingenieure,Managerund,und,und? IhrEinkommensvorteilwird von allenSteuer-
zahlern,mitundohneStudium, finanziert.DieseUngerechtigkeitkanndurchStudiengebührenund
sozial ausgewogeneBildungskreditebeseitigtwerden.Mehrdazu erfahrenSieunter
Quelle: INSM Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft GmbH
Köpenicker Appell:
Nicht nachgeben!
Die 7. GEW-Wissenschaftskonferenz be-
schloss im Oktober 2013 in Berlin den
Köpenicker Appell – ein100-Tage-Programm
für die neue Bundesregierung. Gute Be-
schäftigungsbedingungen und Berufspers-
pektiven für WissenschaftlerInnen stehen
darin im Fokus. Nach den Kampagnen
„Traumjob Wissenschaft“ und „Gute Arbeit
in der Wissenschaft“ heißt es jetzt:
Nicht
nachgeben, sondern nachlegen! Das Pro-
gramm sieht Maßnahmen vor in den
Bereichen Novellierung des Wissenschafts-
zeitvertragsgesetzes, aktive Vergabepolitik
in der Forschungsförderung sowie Förder-
programm für verlässliche Karrierewege.
Infos und Download unter www.
tinyurl.com/KA-Info und
.
com/KA-Download