W i s s e n s w e r t e s f ü r A n g e s t e l l t e u n
Hörgerät
Rentenversicherung übernimmt Kosten
Der Leiter einer Küche ist in seinem Beruf auf eine besonders
gute Hörfähigkeit angewiesen. Ist diese behinderungsbedingt nicht
vorhanden und lässt sie sich auch nicht durch ein Hörgerät zum
Festbetrag herstellen, kann der Rentenversicherungsträger verpflich-
tet sein, die von der Krankenkasse nicht übernommenen Kosten für
ein höherwertiges Hörgerät zu übernehmen, wenn dadurch die Er-
werbsfähigkeit erhalten werden kann (Sozialgericht: S 4 R 651/11).
Quelle: DGB einblick 20/13
Befristung und vorherige Beschäftigung
Sachgrundlose Befristung unzulässig
Ein Arbeitsverhältnis kann ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre be-
fristet werden, wenn Vorbeschäftigungen beim selben Arbeitgeber
länger als drei Jahre zurückliegen. So hatte das Bundesarbeitsge-
richt im Jahr 2011 entschieden (7 AZR 716/09). Das Landesarbeits-
gericht Baden-Württembeg hat jetzt dagegengehalten.
Das Bundesarbeitsgericht habe die Grenzen der richterlichen Rechts-
fortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm und den aus
dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Willen des Gesetzgebers,
keine Frist in das Gesetz aufzunehmen, überschritten. Jedenfalls hätte
das Bundesarbeitsgericht die Norm des Bundesverfassungsgerichts zur
Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen. Das Landesar-
beitsgericht Baden-Württemberg hat die Revision zum Bundesarbeits-
gericht zugelassen. Damit ist insbesondere auch der Weg zum Bundes-
verfassungsgericht wieder geöffnet (Landesarbeitsgericht: 6 Sa 28/13).
Der Fall
Der Kläger war bei einem Unternehmen in der Metall- und Elektro-
industrie aufgrund jeweils befristeter Arbeitsverträge vom 27. August
bis 30. November 2007 und wieder vom 1. Februar bis 30. Juni 2011,
verlängert bis 31. Mai 2012 und noch einmal verlängert bis 31. Januar
2013 beschäftigt. Mit seiner Klage hatte er sich gegen die Befristung
seines letzten Arbeitsvertrags gewandt.
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Tipp:
Bei einem ähnlich gelagerten Fall sollte der Rechtsweg
trotz der gegenteiligen Auffassung des BAG aus 2011 beschritten
werden.
U.L.
Abgrenzung von Werk- und Arbeitsverträgen
Entscheidend sind die Arbeitsbedingungen
Das Bundesarbeitsgericht bemängelt in seiner Entscheidung die
Umgehung regulärer Arbeitsverträge durch Werkverträge und stellt
fest, dass es im Streitfall auf die tatsächlichen Arbeitsbedingungen
und nicht auf die Benennung des Vertragsverhältnisses ankomme.
Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des
versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags ist
die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch
Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines
Dienstvertrags ist dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeits-
verhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, also in
persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Rechtsverhältnis vorliegt,
ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des
Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsäch-
liche Durchführung, ist letztere maßgebend.
Der Fall
Der Kläger ist für den Beklagten mit Unterbrechungen seit 2005 auf
der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig
geworden. Laut des letzten Vertrags war Aufgabe des Klägers, im Rah-
men des Nachqualifizierungs- und Revisionsprojekts des Bayerischen
Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-
System zu erfassen und nachzuqualifizieren. Die Tätigkeit konnte nur in
den Dienststellen des BLfD erbracht werden. Einen Schlüssel zu diesen
Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hat regelmäßig von 07.30 Uhr
bis 17.00 Uhr an einem zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit
persönlicher Nutzerkennung gearbeitet. Dem Kläger war gestattet, die
Vergütung nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in
Einzelbeträgen abzurechnen.
Die Urteilsbegründung
Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass zwischen den Parteien
nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis besteht. Die
Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Bereits die Gestaltung des
„Werkvertrags“ lässt erkennen, dass nicht die Herstellung einer Sache
oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet wird.
Die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Klägers sei in einer
Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten
(Bundesarbeitsgericht: 10 AZR 282/12).
U.L.
Fragerecht des Arbeitgebers
Strafrechtliche Ermittlungsverfahren
Im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens hat sich das Bun-
desarbeitsgericht (BAG) damit beschäftigt, ob die Frage nach
eingestellten Ermittlungsverfahren anlässlich eines Lehrereinstel-
lungsverfahrens zulässig ist. Das Urteil: Der Arbeitgeber darf den
Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtli-
chen Ermittlungsverfahren fragen.
Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach
Ermittlungsverfahren darstellt, ist nach den datenschutzrechtlichen
Bestimmungen in NRW nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvor-
schrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Informationen zu
abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind für die Bewerbung um eine
Stelle als LehrerIn nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des
Datenschutzgesetzes NRW gestattet. Stellt der Arbeitgeber die Frage
dennoch und verneint der Bewerber wahrheitswidrig, darf der Arbeitge-
ber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht aus diesem
Grund kündigen.
Anders sieht bei anhängigen Straf- und Ermittlungsverfahren aus:
Hier hat der öffentliche Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, wenn
ein solches Verfahren Zweifel an der persönlicehn Eignung des Bewer-
bers begründen kann (Bundesarbeitsgericht: 6 AZR 339/11).
U.L.
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