Betr.: nds 6-2013, Mängel und Lücken
im Inklusionsgesetz
Es sind zwei Punkte, die mich als ein behin-
derter und gesellschaftlich ausgeschlossener
GEW-Kollege am Beitrag zu Mängeln und
Lücken im Inklusionsgesetz irritieren.
Erstens: die Forderung nach einem ziel-
differenten Unterricht. Nach dem als UN-Be-
hindertenrechtskonvention bekannten Über-
einkommen über die Rechte von Menschen
mit Behinderungen ist von unterrichtlicher
Differenzierung gar nicht die Rede. Differen-
zierung würde letztlich auch wieder eine Ver-
besonderung, Vereinzelung oder Isolation der
so Beschulten bedeuten und dann eben nicht
mit dem Übereinkommen über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen vereinbar
sein. Isolation ist gerade dann zu befürchten,
wenn an der Differenzierung Sonder- oder
FörderpädagogInnen beteiligt sind. Die Aus-
bildung zu Sonder- beziehungsweise Förder-
pädagogInnen ist aus der Perspektive der
Behinderungserfahrenen zu beenden. Ersetzt
werden soll Letztgenanntes durch eine behin-
derungsspezifische Aus- und Fortbildung für
alle Lehrämter der allgemeinen Schule.
Zweitens: Auch Gymnasien müssen sich
in den Sekundarstufen I und II zur Inklusion
bekennen. Eva Thoms von Mittendrin e. V. ist
somit zuzustimmen, wenn sie fordert, dass
sich die Gymnasien nicht zu closed shops
entwickeln dürfen. Inklusion darf sich nicht
nur auf Grund-, Haupt- und Realschulen be-
schränken!
Dr. Carsten Rensinghoff
Betr.: nds 6-2013, Verspätetes Gehalt
für Hochschulbeschäftigte
Auch die verspätete Gehaltszahlung, die
zum überwiegenden Teil ohnehin wenig ver-
dienende Hilfskräfte an Hochschulen, jedoch
kaum die übrige Landesverwaltung betrifft,
zeigt, wie wenig Bildung dieser Landes-
regierung Wert ist. Wenn schon Überstunden
und Mehrunterricht planmäßig nicht bezahlt
werden, sollte man sich wenigstens auf die
gerade für diese KollegInnen dürftigen Ge-
haltszahlungen verlassen können. Die Be-
troffenen können Verzugsschäden geltend
machen. Dann würde sich die Nichtzahlung
für das Land wenigstens nicht lohnen.
Robert Dübbers
Betr.: nds 9-2013, Das Berufskolleg auf
dem Weg zur Inklusion
Dass die FörderschülerInnen ohne geeig-
nete Ressourcen in die Berufskollegs (BK)
geschickt werden – das ist klar. Im Text geht
jedoch nach meiner Wahrnehmung einiges
durcheinander. Die Diagnose ist richtig: Der
Förderbedarf der SchülerInnen „verschwindet“
beim Übergang ins BK. So müssen dort keine
SonderpädagogInnen eingesetzt werden und
Klassengrößen von 32 SchülerInnen bleiben
möglich – also das Primat des Sparens.
Der Beitrag vermischt jedoch richtige, poli-
tische Forderungen mit Mängeln und nimmt
die KollegInnen doch wieder in die vermeint-
liche Pflicht, ohne personelle und fachliche
Voraussetzungen etwas anzufangen, was zu-
sätzlich belastet. Doch die Kollegien sind die
falsche Adresse – die Forderungen gehören in
den Landtag!
Für die Umsetzung gesellschaftlicher Teil-
habe oder des Rechts auf schulische Bildung,
Erziehung und individuelle Förderung bedarf
es nicht des Begriffs „Inklusion“ oder eines
eigenen Gesetzes. Als Bezug für die berech-
tigten Forderungen reichen die Landesverfas-
sung oder die Ziele des Schulgesetzes. Was es
aber unbedingt braucht, sind bessere Lernbe-
dingungen für alle und eine nennenswerte
Vorschulbildung statt Billig-Aufbewahrung in
überfüllten Kitas.
Wir sind nicht „auf dem Weg zur Inklu-
sion“. Es gibt keine neuen Regeln. Mit der
Umsetzung der bestehenden Ansprüche an
Schulen und ihre Beschäftigten ist jede red-
liche Lehrkraft jetzt bereits massiv überfordert
– oder ist meine Schule ein Einzelfall?
Und die GEW steht daneben und jammert.
Sie stellt Forderungen, die Sylvia Löhrmann
offen ablehnt, aber schickt die Kollegien unge-
bremst in die nächste Zumutungsrunde. Wenn
klar ist, dass die BKs keine zusätzlichen Stellen
und Gelder bekommen – muss man hier dann
nicht erstmal Nein sagen?
Neue „Querschnittsbereiche inklusive Bil-
dung“ sind eine Horror-Vorstellung in einer
Schule mit neun Bereichen, 150 Lehrkräften,
38 Bildungsgängen und 2.800 SchülerInnen.
Ist nicht gerade am BK die fachliche und ab-
schlussbezogene Heterogenität der Bildungs-
gänge so gewaltig, dass diese Idee als verstie-
gen erscheinen muss? Wieso alles mitmachen,
wenn man weiß, dass die Richtung falsch ist
und die permanente Überlastung KollegInnen
kaputt macht? Bitte leitet die KollegInnen
an, sich zu wehren. Solidarität macht stark.
Sichtbare Wirkung bringt neue Mitglieder.
Eine Gewerkschaft muss Wirkung herstellen!
Ich bitte darum, meinen kleinen Beitrag
als Hilferuf eines unterrichtenden Kollegen
zu lesen. Ich wünsche mir, dass wir mit mehr
Selbstachtung und Respekt unsere Arbeit ma-
chen können. Wer außer der GEW könnte hier
vorangehen?
Guido Bley
Betr.: nds 9-2013, Werbeblock im Klassen-
zimmer
Der Beitrag kritisiert zurecht die Lobbyar-
beit an deutschen Schulen, wobei sich die
Ausführungen um konkrete Beispiele ergänzen
ließen. Als Lehrer an einer öffentlichen Schule
empfinde ich die als Sponsoring maskierte,
zunehmende Verquickung von (Finanz-)Wirt-
schaft und Bildung ebenfalls als problema-
tisch und bedrohlich.
Wenn man wahrnimmt, wie viele Schulen
beispielsweise bei der „Spardaspendenwahl“
um Stimmen für finanzielle Zuwendungen
konkurrieren oder wie über Programme wie
„Bildungsspender“ Unternehmen wie Amazon
oder Zalando indirekt mit Schulhomepages
verlinkt werden, fürchtet man um die Unab-
hängigkeit und Vorbildfunktion, die Bildungs-
einrichtungen wahrnehmen sollten. Viele die-
ser Aktionen erscheinen mir – nicht zuletzt
im Licht des NSA-Skandals – auch aus daten-
schutzrechtlichen Gründen als problematisch.
Die Umsetzung solcher privatwirtschaft-
licher Marketingstrategien nimmt aus meiner
Erfahrung heraus stetig zu. Ich finde es gut,
dass die GEW zu diesem Thema Stellung be-
zieht.
Name der Redaktion bekannt.
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