Die Befristungsregelung „sechs plus
sechs“ (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG)
Die bekannte Regelung, dass befristete
Arbeitsverträge für wissenschaftlich Beschäf-
tigte an Hochschulen insgesamt sechs Jahre
vor und sechs Jahre nach der Promotion
zulässig sind, hat das BAG in einem Urteil
präzisiert (BAGE vom 1. Juni 2011 – 7 AZR
827/09). Im konkreten Fall hatte eine Lek-
torin mit Aufgabenschwerpunkt Sprachver-
mittlung einen unbefristeten Arbeitsvertrag
erstritten. Das bedeutet nicht, dass jeder
Arbeitsvertrag einer Lehrkraft mit besonde-
ren Aufgaben mit WissZeitVG-Begründung
unzulässig ist (zum Beispiel: Entscheidung
des Landesgerichts Hamburg vom 31. Okto-
ber 2012 – 3 Sa 66/12).
Unerheblich ist in jedem Fall die Benen-
nung der/des Beschäftigten. Für einen
wissenschaftlichen Mitarbeiter einer Fach-
hochschule mit Aufgabenschwerpunkt
Praktikadurchführung wurde dies beispiels-
weise bestätigt (Entscheidung des Arbeitsge-
richts Aachen vom 25. April 2013
– 8 Ca 4552/12 d). Ähn-
liches sollte für wissen-
schaftliche Mitarbeite-
rInnen an Universi-
täten gelten, deren
Aufgaben dem Wis-
senschaftsmanage-
ment zuzuordnen
sind – zum Beispiel
Studienberatung oder
Fakultätsassistenzen.
Es liegt nahe, dass viele
Befristungen an Hoch-
schulen keine rechtliche
Grundlage haben. Wenn
ArbeitnehmerInnen dies
gerichtlich feststellen
lassen, hat das die Ent-
fristung des Arbeitsver-
trags zur Folge (vgl. § 16
TzBfG).
Bernadette Stolle,
Fachgruppenausschuss
Hochschule und Forschung
der GEW NRW
gericht (BAG) hat nach einer Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofs festgelegt,
dass bei einer Vielzahl von Arbeitsverträgen
über mehrere Jahre überprüft werden muss,
ob im Einzelfall nicht doch eine rechtsmiss-
bräuchliche Befristungspraxis vorliegt und
damit trotz nachvollziehbarer Begründung für
die Befristung des Einzelarbeitsvertrags die
Entfristung des Arbeitsvertrags folgerichtig ist
(BAGE vom 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09).
Vermutlich nicht tragfähige Sachgründe
für eine Befristung sind der doppelte Abitur-
jahrgang und die zeitlich begrenzten Mittel
aus dem Hochschulpakt. Dazu besteht bisher
noch keine konkrete Entscheidung. Jedoch
sind Parallelen zu den BAG-Entscheidungen
naheliegend, die von MitarbeiterInnen der
Bundesagentur für Arbeit erstritten wurden.
Für die Anfangsphase der Kombination der
ehemaligen Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe
waren im Haushalt befristet Mittel für die
Beschäftigung von MitarbeiterInnen einge-
stellt worden. Diese Begründung wurde vom
Bundesarbeitsgericht allerdings nicht
akzeptiert und die Arbeitsverträge
entfristet (BAGE vom 9. März
2011 – 7 AZR 728/09).
Die Drittmittel-
befristung (§ 2 Abs. 2
WissZeitVG)
Wenn die Finanzierung
der zu besetzenden Stelle
zu mindestens 50 Prozent
aus Drittmitteln erfolgt, ist
die Befristung eines Arbeits-
vertrags an einer Hochschule
zulässig. Es gibt keine gesetz-
lichen Beschränkungen für die
Gesamtdauer der aneinan-
dergereihten Arbeitsverträge.
Doch auch hier stellt sich die
Frage – ähnlich wie bei den
Sachgrundbefristungen –, ob
die Befristungen im Einzelfall
nicht doch rechtsmissbräuch-
lich erfolgen, wenn die Anzahl
der Arbeitsverträge sehr hoch
und die Gesamtdauer der Befri-
stungszeit sehr lang ist.
Rechtliche Grundlagen und Rechtsprechung
Befristungspraxis an Hochschulen
Angesichts der überwiegenden Anzahl
befristeter Verträge an Hochschulen
erscheint betroffenen Mitarbeite-
rInnen ein begrenzter Arbeitsvertrag
als „normal“. Doch das sogenannte
Normalarbeitsverhältnis ist ein unbe-
fristetes Arbeitsverhältnis – so steht
es in der Richtlinie 1999/70/EG
vom 28. Juni 1999. Und auch die
Hochschulen haben sich an arbeits-
rechtliche Grundlagen zu halten.
Von diesem Normalarbeitsverhältnis
darf nur aufgrund gesetzlicher Rege-
lungen abgewichen werden.
Für die Hochschulen bilden das Wissen-
schaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) und
das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
die wichtigsten Grundlagen für befristete
Arbeitsverhältnisse. Die vier wichtigsten sind
die sachgrundlose Befristung, die Befristung
mit Sachgrund, die Drittmittelbefristung und
die Befristungsregelung „sechs plus sechs“.
Die sachgrundlose Befristung
(§ 14 Abs. 2 TzBfG)
Jede Hochschule in Nordrhein-Westfalen
kann befristete Arbeitsverträge im Gesamt-
umfang von zwei Jahren schließen. Das
Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, ob-
wohl der Wortlaut des Gesetzes anders ist,
dass ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag
ohne Sachgrund zwischen denselben Ver-
tragspartnerInnen möglich ist, wenn das
Ende des vorherigen Arbeitsvertrags drei
Jahre zurückliegt (Entscheidung des Bundes-
arbeitsgerichts, BAGE, vom 6. April 2011 – 7
AZR 716/09).
Die Befristung mit Sachgrund
(§ 14 Abs. 1 TzBfG)
Wenn es eine stichhaltige, nachvollzieh-
bare Begründung für die Befristung von
Arbeitsverträgen gibt, sind damit auch be-
fristete Arbeitsverträge möglich. Gründe für
solche Befristungen sind unter anderem
Vertretungen oder klar definierte Projekte.
Für den Gesamtbefristungszeitraum und die
Anzahl solcher Befristungen gibt es keine
gesetzliche Begrenzung. Das Bundesarbeits-
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