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nds 5-2012
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Ein Blick auf die neue Lehrerausbildung aus der Sicht eines Fachleiters
Noch (zu) viele Schwachstellen
Seit wenigen Tagen sind zum zweiten Mal die Referendare im Dienst, deren
Ausbildung nach der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Staatsprü-
fung für Lehrämter an Schulen (OVP) von 2011 nur noch 18 Monate dauert. Die
Grundidee, die drei Ausbildungsbereiche Universität, Seminar – jetzt: Zentrum für
schulpraktische Lehrerausbildung – und Schule in ihrem Wirken zusammenzu-
führen, wird von allen Seiten als längst überfällig betrachtet und für eine effek-
tive Ausbildung für konzeptionell unabdingbar gehalten. Es scheint sich jedoch
bei dieser Reform im Bildungswesen nicht um das erste Beispiel zu handeln, bei
dem die Idee auf dem Weg zur Ausführung nicht nur leidet, sondern in die Gefahr
gerät, durch die Umsetzungsbedingungen konterkariert zu werden.
Planungstechnische Komplikationen
Wie viele Referendare den Dienst endgültig
antreten, erfahren die Seminare erst am Tag
der Vereidigung. Das bedeutet, dass die An-
rechnungsstunden der Fachleitungen für die
Seminarausbildung erst dann verbindlich den
Schulen mitgeteilt werden und die erforderli-
chen Korrekturen erst zum nächsten Schul-
halbjahr vorgenommen werden können. Das
macht den schulischen Einsatz von Fachleite-
rInnen weniger planbar und unregelmäßiger.
Die Zahlen für den 18-monatigen Ausbil-
dungsrhythmus liegen erheblich höher als bei
der bisherigen halbjährigen Einstellung, was
die Raumkapazität der Seminargebäude
sprengt und die Einhaltung des Seminartags
unmöglich macht. Dies macht die schulische
Einsatzplanung für die Referendare schwieri-
ger und erhöht deren Zeitaufwand durch eine
zweitägige Seminarpräsenz.
Inhaltliche Konsequenzen
Gravierender in ihrer Auswirkung dürften
die inhaltlichen Konsequenzen der verkürzten
Ausbildung in den Seminaren sein. Für die im
Mai 2012 angetretenen ReferendarInnen ste-
hen maximal acht Seminartage zur Verfü-
gung, um sie auf den bedarfsangerechneten,
selbstständigen Unterricht vorzubereiten.
Crashkurs-Charakter wird verschärft
Hatte schon der bisherige Zeitraum von ei-
nem halben Jahr bis zur Aufnahme selbststän-
digen Unterrichts der Referendare bereits
„Crashkurs“-Charakter, so fehlt für den jetzt ver-
bliebenen Zeitraum von zwei Monaten jede
haltbare Bezeichnung oder Funktionsbestim-
mung. So werden sich nun kaum acht Sitzungs-
termine anbieten lassen, da die Fachleitungen
in diesem Zeitraum auch noch mit der Abwick-
lung von unterrichtspraktischen Prüfungen und
Abiturprüfungen beschäftigt sind. In der Regel
werden die ReferendarInnen am Ende der Som-
merferien ihre Einsatzplanung für neun Unter-
richtsstunden erhalten und von diesem Zeit-
punkt an für Ausbildungsinhalte, die nicht di-
rekt das „Überleben” in den ihnen anvertrauten
Lerngruppen sichern, kaum noch erreichbar sein.
Aus der Unterrichtsphase stürzen die Refe-
rendare dann unvermittelt in die Examens-
vorbereitung. Eventuell vorhandene Kompe-
tenzlücken sollen in dem nach einem ersten
Unterrichtsbesuch durchgeführten Eingangs-
und Perspektivgespräch, das bereits in den er-
sten Wochen der Ausbildung stattfindet, ge-
klärt worden sein. Was daran neu sein soll
oder warum es nur noch von einem Fachleiter
durchgeführt werden soll, ist schwer zu er-
schließen. Bisher war es jedenfalls ein selbst-
verständlicher Einstieg in jede Seminararbeit,
die Voraussetzungen der TeilnehmerInnen zu
erkunden und auf dieser Grundlage die Ar-
beitserfordernisse zu bestimmen.
Das Praxissemester soll zum
Wintersemester 2013/14 starten
Die Verkürzung der Referendarzeit auf ein-
einhalb Jahre soll auf der Absolvierung eines
Praxissemesters im Masterstudiengang aufbau-
en. Nach der Planung kann es frühestens zum
Wintersemester 2013/14 angeboten werden.
Die zur Zeit eher schleppend verlaufenden
Koordinierungsgespräche von Universität und
Seminar machen den engen Ressourcengürtel
eines gemeinsamen Einsatzes deutlich. Ansons-
ten sind hier in Einzelfällen in direkter Abstim-
mung von Fachdidaktik der Universität und
Fachleitung des Seminars erfolgreich Pro-
grammabsprachen erfolgt, die eine Verbindung
der beiden Ausbildungsabschnitte begründen.
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