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THEMA
Fragen zum neuen Vorbereitungsdienst
Alles richtig gemacht?
Der neue Vorbereitungsdienst wird auch im Seminar für Haupt-/Real- und Ge-
samtschulen (HRGe) Essen zum 1. Mai 2012 Realität. In einer Seminarkonfe-
renz wurden alle notwendigen Konzeptionen dazu verabschiedet. Mit dem
Sprecherrat der beteiligten LehramtsanwärterInnen, die am 01. Februar 2011
mit ihrem Vorbereitungsdienst begonnen haben, führte die nds-Redaktion ein
Gespräch über die Vor- und Nachteile des alten Vorbereitungsdienstes gegenü-
ber dem neuen. Die Fragen stellte nds-Mitglied Carmen Tiemann.
nds: In der Seminarkonferenz waren Sie
an der Beschlussfassung der Konzepte des
Seminars HRGe zur neuen Lehrerausbil-
dung beteiligt. Welchen Eindruck haben Sie
vom neuen Vorbereitungsdienst gewonnen?
Sprecherrat
: Wir glauben, dass da gleich
zu Beginn sehr viel auf die neuen LAA zu-
kommen wird. Es ist aber toll, welche Kon-
zepte hier im Seminar Essen entstanden sind:
Es gibt ein Ausbildungsprogramm zwischen
den Schulen und dem Seminar. Damit wird
die Ausbildung auch an den Schulen endlich
vergleichbar. Außerdem sind Papiere zur Un-
terrichtsplanung und für Hospitationen ent-
standen, die an den Schulen eingesetzt wer-
den können und sollen. Es gibt Konzepte zum
Coaching und zum Portfolio, zum Eingangs-
und Perspektivgespräch sowie zur Lerngrup-
penarbeit.
nds: Das klingt doch nach einer durch-
dachten Konzeption. Sie wirken aber trotz-
dem nicht sehr begeistert.
Sprecherrat
: Das stimmt. Bedenken haben
wir zum Beispiel, wenn man sich das erste
Ausbildungsquartal ansieht. Da wird klar,
was die zukünftigen LehramtsanwärterInnen
in kürzester Zeit bereits bewältigen müssen.
Nach acht Wochen müssen die Kolleginnen
und Kollegen schon so weit sein, dass sie
selbstständig unterrichten können. Wir hat-
ten ein halbes Jahr Zeit, um in der Schule „an-
zukommen“. Wir lernten in dieser Zeit Lern-
gruppen kennen, machten erste pädagogi-
sche Erfahrungen, erhielten Rückmeldungen
zum Unterricht und wurden in die Arbeit im
Seminar eingeführt. Das alles fällt jetzt weg.
Nach nur sechs Wochen steht schon der erste
Unterrichtsbesuch an mit anschließendem
Gespräch zur Analyse und Reflexion. Wir be-
fürchten, dass die Kolleginnen und Kollegen
künftig überhaupt keine Zeit haben werden,
die neuen Eindrücke an der Schule angemes-
sen zu verarbeiten, weil die Anforderungen
bereits im ersten Quartal sehr hoch sind.
nds: Acht Wochen sind tatsächlich eine
kurze Zeit. Aber prinzipiell wird es ja künftig
das vorgeschaltete Praxissemester geben.
Sprecherrat:
Aber genau das ist ja das Pro-
blem, denn man wird wohl erst ab 2016
flächendeckend mit dem Praxissemester rech-
nen können. In der Zwischenzeit können die
Kolleginnen und Kollegen einfach nicht die
Voraussetzungen erwerben, die der neue Vor-
bereitungsdienst erfordert. Wir verstehen des-
halb nicht, warum mit dem verkürzten Vorbe-
reitungsdienst nicht erst dann begonnen
wird, wenn die Kolleginnen und Kollegen
durch das absolvierte Praxissemester diese
Voraussetzungen mitbringen. Das ist ein bis-
schen so, als wenn man die ZP 10 nach der
9. Klasse macht und davon ausgeht, dass die
SchülerInnen es schon schaffen werden.
nds: Das ist ein interessanter Vergleich.
Da würden sicher alle auf die Barrikaden
gehen. Gibt es aus Ihrer Sicht noch weitere
kritische Punkte?
Sprecherrat:
Ja. Die zukünftigen Lehramts-
anwärterInnen müssen zwei Stunden mehr an
der Schule arbeiten als wir, verdienen aber nur
das gleiche Geld. Außerdem wurde der Vorbe-
reitungsdienst nicht nur um ein halbes Jahr ver-
kürzt, sondern auch die Einstellungstermine so
verändert, dass weder der direkte Anschluss an
p us
Mitglieder des Sprecherrates (v.l.n.r.): Max Meyer, Judith Jansen, Jana Tebartz, Cecile Anderheyden, Vito Tchorz
und Philippe Saelens
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