BILDUNG
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Aktionstage „Europa neu begründen”
Fiskalpakt schadet der Demokratie
GewerkschafterInnen und WissenschaftlerInnen wenden sich mit dem Aufruf „Eu-
ropa neu begründen“ gegen den geplanten europäischen Fiskalpakt. Sie fordern
mehr wirtschaftliche Vernunft, soziale Gerechtigkeit und demokratischen Mut. „Mit
dem neoliberalen Leitbild der Unterordnung unter die Dominanz der (Finanz-)
Märkte trägt die EU nicht zur Lösung, sondern zur Verschärfung der Krise bei”, heißt
es u.a. in dem Aufruf zu den Aktionstagen vom 16. bis 19. Mai 2012 in Frankfurt.
Was bedeutet der
europäische Fiskalpakt?
Die Staaten führen nationale Schulden-
bremsen ein. Verschuldet sich ein Staat zu
sehr, wird automatisch ein Defizitverfah-
ren ausgelöst. Das oberste EU-Gericht
überprüft, ob die Staaten die Schulden-
bremse auch in nationales Recht umset-
zen. Klagen kann nur ein anderes Unter-
zeichnerland. Eine einseitige Kündigung
des Vertrags, der 25 EU-Staaten zu Haus-
haltsdisziplin zwingen soll, ist unmöglich.
Ein Kündigungsrecht ist nicht vorgesehen.
Von den 27 EU-Ländern machen nur
Großbritannien und Tschechien nicht mit.
Irland lässt das Volk darüber abstimmen.
Das Abkommen soll spätestens Anfang
2013 in Kraft treten.
Der beim EU-Gipfel Anfang März un-
terschriebene Vertrag muss jetzt von den
einzelnen Parlamenten ratifiziert werden.
In Deutschland ist ein heftiger Steit zwi-
schen der schwarz-gelben Bundesregie-
rung und der Opposition ausgebrochen.
Zur Ratifizierung des Fiskalpakts ist eine
Zweidrittelmehrheit notwendig. (Spiegel
online 29.3.2012).
ständnis eines friedlichen Zusammenwach-
sens in Frage stellen.”
Marsch in den Ruin stoppen
Die GEW macht sich für „ein soziales und de-
mokratisches Europa“ stark. Sie unterstützt die
Proteste ihrer Partnergewerkschaften in Grie-
chenland, Spanien und Portugal gegen eine
Sparpolitik, die zu Lasten der Mehrheit der Be-
völkerung geht. Was in Griechenland zu beob-
achten ist, droht auch anderen europäischen
Ländern: Verarmung breiter Gesellschaftschich-
ten, weitere Kürzungen in Bildungs- und Ge-
sundheitsssystemen, bei Sozialleistungen und
staatlichen Investitionen, weitere Privatisierun-
gen öffentlichen Eigentums. Die Folgen der Fi-
nanz- und Wirtschaftskrisen seit 2008 werden
einseitig zu Lasten der ArbeitnehmerInnen, der
Jugend und der sozial Benachteiligten ausge-
tragen. Deshalb lehnt die GEW den Fiskalpakt,
den die Bundesregierung forciert, ab.
In Hessen wurde die Aufnahme der Schul-
denbremse in die Verfassung beschlossen.
Auch in Hamburg hat die SPD-Regierung, ge-
meinsam mit GAL und FDP, den Antrag auf
Aufnahme der Schuldenbremse in die ham-
burgische Verfassung beschlossen. Auch in
NRW diskutierenn SPD, CDU und die Grünen,
ob die Schuldenbremse in der Verfassung ver-
ankert werden soll.
Schuldenbremsen verschärfen die Krise
Die GEW und andere europäische Bildungs-
gewerkschaften werden an den europäischen
Aktionstagen „Blockupy Frankfurt” vom 16. bis
19. Mai und der Großdemonstration am
19. Mai am Sitz der Europäischen Zentralbank
(EZB) in Frankfurt am Main teilnehmen. Sie
wollen ein Zeichen setzen gegen die einseitige
Sparpolitik, den Abbau sozialer Leistungen, die
Aushöhlung des Staates. Und sie wollen Zei-
chen setzen der Solidarität mit allen Men-
Gesamtgesellschaftliches Risiko
Der Gesetzentwurf zum Fiskalpakt, der am
29. März 2012 im Bundestag in erster Lesung
beraten wurde, würde Lohnabhängigen, Ar-
beitslosen und RentnerInnen die Kosten der
Bankenrettung aufbürden, kritisieren die Un-
terzeichner des Aufrufs. Werde der Entwurf ver-
abschiedet, drohten drastische Kürzungen der
öffentlichen Ausgaben sowie der Arbeits- und
Sozialeinkommen. Die politische und soziale
Demokratie in den Mitgliedstaaten werde irre-
parablen Schaden davon tragen.
Der Europäische Stabilitätsmechanismus
(ESM) soll durch völkerrechtlichen Vertrag als
internationale Finanzinstitution begründet
und mit einem Stammkapital von 700 Milliar-
den Euro ausgestattet werden.
InitiatorInnen des Aufrufs sind u.a. der Vor-
sitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerk-
schaft (ver.di), Frank Bsirske, das DGB-Bundes-
vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, der
Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel (Memoran-
dum-Gruppe), der Sozialwissenschaftler Stef-
fen Lehndorff und IG-Metall-Vorstandsmit-
glied Hans-Jürgen Urban. Zu den zahlreichen
UnterzeichnerInnen gehören u.a. Jürgen Ha-
bermas, Gustav Horn, Michael Sommer, Detlef
Wetzel, Ulrich Thöne, Klaus Wiesehügel.
GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne sieht in der
Finanzkrise neben der ökonomischen Bedro-
hung auch ein hohes gesamtgesellschaftli-
ches Risiko: „Eine Spaltung Europas würde
das über Jahrzehnte gefestigte Selbstver-
schen, die sich gegen die Angriffe auf ihre Zu-
kunft wehren. Im attac-Zelt findet eine GEW-
Veranstaltung „Bildung in der Krise” statt. In-
fos auf der GEW-Homepage.
Hanne Seiltgen, nds-Redaktion
Hinweis: Nach Redaktionsschluss hat die Stadt
Frankfurt alle angemeldeten Veranstaltungen
während der Blockupy-Tage verboten. Das
Blockupy-Bündnis hat Widerspruch eingelegt
und eine Protestnote herausgegeben. Aktuelle
Infos zum neuesten Stand im Internet. (s.u.).
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