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nds 5-2014
Änderungdes Kinderbildungsgesetzes
Unterfinanzierung
belastet ErzieherInnen
Am 30. April 2014 wurden die GEW
und andere Verbände zur Revision
des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz)
im Landtag angehört. Die Fragen der
Abgeordneten und dieDiskussionmit
den Sachverständigen machten eines
deutlich: Die zusätzlich bereitgestell-
ten 100 Millionen Euro werden von
Beteiligten und Betroffenen begrüßt.
Allerdings bleibt eine strukturelle
Unterfinanzierung des Elementarbe-
reiches bestehen.
Insbesondere die Abschaffung des Sprach-
standsfeststellungsverfahrens Delfin 4 und
die damit verbundene Neuausrichtung zur
alltagsintegrierten Sprachbildung, die durch
die ErzieherInnen erfolgen soll, lässt Fragen
nach einer praktikablenUmsetzung offen. Fra-
gen wie diesen stellte sich Andrea Asch, fa-
milienpolitische SprecherinBÜNDNIS90/DIE
GRÜNEN im LandtagNRW, am6.Mai 2014 in
Köln. DieGEW luddie Politikerin ein, umüber
die Reformen im KiBiz zu berichten, den wei-
terenRevisionsbedarf aufzuzeigenund Fragen
der rund40 TeilnehmerInnen zubeantworten.
Revisionsbedarf bleibt bestehen
55 Millionen Euro sollen für eine Verfü-
gungspauschale zur Unterstützung für die in
den Einrichtungen tätigen Fachkräfte und zur
Stärkung der Bildungsgerechtigkeit ausgege-
benwerden.Weitere45MillionenEuro für eine
verbesserte Förderung von Kindern mit Unter-
stützungsbedarf.AndreaAsch zeigteallerdings
Kommentar zur Debatte um
grafikfähige Taschenrechner
Taschenrechner
schürenUngleichheit
NRW macht sich auf in die mediale Zukunft und
führt flächendeckendmit der kommenden Oberstu-
fe an Gymnasien und Gesamtschulen grafikfähige
Taschenrechner ein. Nur leider ist der Nutzen der
Rechner bei MathematikerInnen in Schule und
Hochschule sehr umstritten und die Technik nicht
vergleichbar mit denMöglichkeiten kleiner Rechner
oder Apps auf Smartphones.
Hinzukommt vor allem der Preis: Zwischen 80,- und
130,- Euro müssen die Eltern bezahlen. Bei einem
durchschnittlichen Jahrgang von etwa 100Oberstu-
fenschülerInnen sind das rund 10.000,- Euro – eine
stolze Summe, mit der viel in Schulen bewegt wer-
den kann! Die Proteste ließen nicht lange auf sich
warten; das Schulministerium veröffentlichte einen
Ergänzungserlass, den die GEW ausdrücklich be-
grüßte. Jetzt dürfen auch Tablets und Smartphones
zum Einsatz kommen, aber die Hürden sind für die
Schulen inderMasseohnefinanzielleUnterstützung
nicht zu nehmen. Die Schulen werdenmit der tech-
nischenBetreuungundder technischenAbsicherung
der Prüfungenalleingelassen. Außerdemmüssendie
Prüfungen auf schuleigenen Geräten durchgeführt
werden, aber wovon sollen sie bezahlt werden?
Die Fördervereine werden ins Spiel gebracht. Das
Land überträgt weiterhin die Verantwortung und
Finanzierung auf die Schulen und die Eltern. För-
dervereine in ärmeren Regionen sind gar nicht in
der Lage, diese Aufgabe zusätzlich zu bewältigen.
Eingeringes Budget trifft auf viele sozialeUngleich-
heiten, sodass die Fördervereine bereits jetzt Groß-
teile ihrer Mittel für den sozialen Ausgleich ausge-
ben. Der Erlass zum grafikfähigen Taschenrechner
ist ein Musterbeispiel dafür, wie soziale Ungleich-
heit in den Regionen und Schulen verstärkt wird.
Und das ist ja nichts Neues: Jährlich belegen Studi-
en, dassBildung inNRWabhängig vomEinkommen
der Eltern ist.
Stefan Schubert,
FachgruppeGymnasium der GEWNRW
auch auf, dass sich die Schere zwischen den
Tariferhöhungen und der jährlichen Erhöhung
der Kindpauschale immerweiter öffnet. Neben
der strukturellen Unterfinanzierung sind für
dieGRÜNEN-Politikerin die gestiegenen Bela-
stungen sowie die fehlenden Planungssicher-
heiten problematische Rahmenbedingungen
für die Arbeit der ErzieherInnen in den Kitas.
Es gebeweiterenHandlungsbedarf. Das Land
sei mit den bisherigen Erhöhungen der Finan-
zierung des Elementarbereichs bereits in Vor-
leistunggetretenundnun seien vor allemdie
Kommunen gefragt.
Rahmenbedingungenmüssen stimmen
In der anschließenden Diskussion wurde
deutlich, dass die ErzieherInnen ihre Arbeit
mit den und für die Kleinsten gerne und
mit Spaß ausführen, leider aber in vielen
Fällen unter den zumeist schlechten Rah-
menbedingungen leiden. Zuletzt zeigte eine
Untersuchung des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) den Einfluss
von Rahmenbedingungen in Kitas auf die
Gesundheit der Kinder: Regionale Qualitäts-
unterschiede in der Kindertagesbetreuung
beeinflussen die Entwicklung der kindlichen
Gesundheit. Kinder von drei bis sechs Jahren
Gesetz zur Änderungdes Kinder-
bildungsgesetzes
GEWNRW: Stellungnahme zum
Gesetzentwurf
DIW-Wochenbericht: Kita-Qualität
Foto: istockphoto.com/ Imgorthand
JoyceAbebrese
Referentin für Tarifpolitik,
Jugendhilfe und Sozialarbeit
sowie Erwachsenenbildung der
GEWNRW
in einer Kita mit einem hohen Erzieher-Kind-
Schlüssel erkranken eher an Neurodermitis
und Mittelohrentzündungen als Kinder in ei-
ner Kitamit niedrigem Schlüssel.
Wiegeht esweiter?
Das zweite KiBiz-Änderungsgesetz soll zum
1. August 2014 in Kraft treten. Neben den be-
grüßenswerten Verbesserungen werden viele
Baustellen offenbleiben. Es bleibt also weiter-
hin wichtig, die aktuellen Entwicklungen zum
KiBiz zu verfolgen, der Politik dabei auf die
Finger zu schauenunddengewerkschaftlichen
Einfluss geltend zumachen.
Joyce Abebrese