nds_201405 - page 14

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bildung
Die geplante Ablösung der bewährten
und transparenten Bildungsgang- und Ab-
schlussorientierung sowie die Einführung von
Schulformen konnte verhindert werden. Neu
geordnet wurden die Bildungsgänge der Be-
rufsschule (§22Absatz 4 SchulG): Die Berufs-
orientierungsowiedieKlassen fürSchülerInnen
ohne Berufsausbildungsverhältnis und Berufs-
grundschuljahr wurden gestrichen. Neu eta-
bliert sind „vollzeitschulische Bildungsgänge
für Schülerinnen und Schüler ohne Berufsaus-
bildungsverhältnis zur Vorbereitung auf eine
Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz
(BBiG) und Handwerksordnung (HwO)“ sowie
„Bildungsgänge, die Schülerinnen und Schüler
ohne Berufsausbildungsverhältnis berufliche
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in
einem oder mehreren beruflichen Bereichen
vermitteln und den Erwerb eines dem Haupt-
schulabschluss gleichwertigen Abschlusses er-
möglichen (Ausbildungsvorbereitung)“.
Chance vertan
Bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber die
diskriminierende Bezeichnung „Schülerinnen
und Schüler ohne Berufsausbildungsverhält-
nis“ beibehalten hat. Ein ersatzloses Streichen
hätte erstens einen Beitrag zur besseren Les-
barkeit der Bildungsgänge geleistet, zwei-
tens wäre die Defizitbeschreibung entfallen.
Schließlich können die Jugendlichen nichts
dafür, dass die Wirtschaft zu wenig Ausbil-
dungsplätze zur Verfügung stellt.
Darüber hinaus ist der Begriff „Ausbil-
dungsvorbereitung“ zu kritisieren. In der bun-
desweitenDebatteüberdasÜbergangssystem
werden unter diesem Begriff deutlich mehr
Kommentar zum10. Schulrechtsänderungsgesetz
Endlich: Bildung
statt Qualifizierung
Vor drei Jahrenwurden die erstenÜberlegungen zurWeiterent-
wicklung des Berufskollegs veröffentlicht. Dem wüsten Aktio-
nismusundhohenErregungsniveau inderAnfangsphase folgte
ein zäher, kontroverser und langwieriger Diskussionsprozess.
Am Ende ging alles schnell und überraschend konsensual. Im
Januar 2014wurde der Gesetzesentwurf eingebracht, imMärz
folgte die Anhörung, nur Wochen später die interfraktionelle
Einigung. DaswichtigsteResultat kommt unspektakulär daher:
§22Absatz 1 Schulgesetz (SchulG) bleibt unverändert.
Foto: Mr. Nico/photocase.de
Bildungsgänge aufgeführt. Insofern entdra-
matisiert und verfälscht die Begrifflichkeit das
Problem des Übergangs in Nordrhein-West-
falen. Ob die neue Ausbildungsvorbereitung
auch den Rechtsanspruch auf den Erwerb des
Hauptschulabschlusses einlösen kann, wird
erst die Ausgestaltung der anstehenden No-
vellierung der Ausbildungs- und Prüfungsord-
nungBerufskolleg (APO-BK) zeigen.
Trotz der selbstgesetzen Beschränkung, die
Ausbildungsvorbereitung für Jugendliche mit
besonderem Förderbedarf zu reformieren, und
ohneweitere Begründungwird neben demBe-
rufsgrundschuljahrauchdie zweijährigeBerufs-
fachschule abgeräumt. Beide Bildungsgänge
vermitteln eine berufsfeldbreiteGrundbildung,
die auf eine Berufsausbildung angerechnet
werden kann. Die neuen gestuften einjähri-
genBerufsfachschulen (§22Absatz 5 SchulG)
sehen die „Vermittlung von beruflichen Kennt-
nissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten im Sinne
einer beruflichen Grundbildung“ auf der Basis
von ausgewählten Ausbildungsbausteinen
einzelner Ausbildungsberufe vor – eineEngfüh-
rung, die dequalifizierendenCharakter hat.
Vermittlungsauftragpräzisiert
Aus gewerkschaftlicher Sicht ist zu bezwei-
feln, obAusbildungsbausteine den berufsfeld-
bezogenen Unterricht angemessen ersetzen
können. Gewerkschaften stehen für das Be-
rufsprinzip in der Berufsausbildung und leh-
nen jede Form der Modularisierung ab. Was
die vage Andeutung der Anrechnung von
Ausbildungsbausteinenbetrifft, ist Skepsis an-
gebracht. Angesichts der Tatsache, dass bisher
selbstmehrjährigeBildungsgänge zumErwerb
der Fachoberschulreife oder der Fachhoch-
schulreifenicht angerechnetwurden, ist kaum
zu erwarten, dass diese Bausteine auf eine
betrieblicheAusbildung angerechnet werden.
Spektakuläres ist bei der Präzisierung des
Vermittlungsauftrags zu berichten: Er war in
keinem der vielen Entwürfe zum Gesetz ent-
halten. Und nun, fast schon beiläufig, hat der
Gesetzgeber in§22Absatz 2 SchulGdenVor-
schlag der Gewerkschaften aufgegriffen und
den Vermittlungsauftrag des Berufskollegs
verändert. In der interfraktionell verabschie-
deten Fassung ist der Begriff „Qualifizierung“
gestrichen. Nach neuester Diktion vermittelt
das Berufskolleg eine berufliche Bildung und
unterstützt mit dieser Festschreibung der
Begrifflichkeit definitorisch die bildungspoli-
tischen Gleichwertigkeitsbestrebungen von
allgemeiner und beruflicher Bildung.
Bleibt inderNovellierungderAPO-BKdafür
zu sorgen, dass der neue Vermittlungsauftrag
„berufliche Bildung“ nicht nur nominell, son-
dern auch qualitativ umgesetzt wird und in
der Praxis wiederzufinden ist.
DietrichMau
pus
LandtagNRW: Gesetz zurWeiter-
entwicklungder Berufskollegs
LandtagNRW: Stellungnahmen
zur öffentlichenAnhörung
DietrichMau
Fachgruppe Berufskolleg
der GEWNRW
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