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nds 1-2015
TülayAltun
Lehrkraft für besondereAufgaben
im Projekt ProDaZ der Universität
Duisburg-Essen undMitglied des
Ausschusses fürmultikulturelle
Politik der GEWNRW
Stolze AutorInnen undHerausgeberInnen: Bei der Buch-Release-Party am 28. Oktober 2014 in Essen präsentierten
SchülerInnen des Förderunterrichts und Studierende der Universität Duiburg-Essen ihren Roman „Wir erwachsen“.
Foto: M. Saru
HSU-Fachtagung2015:
Recht auf Bildung!
Die diesjährige HSU-Fachtagung widmet sich
schwerpunktmäßig der Situation von Flücht-
lingskindern in internationalenVorbereitungs-
klassen inNRW.
Termin:
09.05.2015,
9.30–16.00Uhr
Ort:
DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Str. 34–38,
40210Düsseldorf
ThemenderArbeitsgruppen
◆◆
HSU: aktuelle Stellenbesetzungen
◆◆
Prekäre Arbeitssituation bei HSU-Lehrkräften
◆◆
Integrationsstellen contraHSU-Stellen
ProDaZ der Universität Duisburg-
Essen: Dokumentationder Fachta-
gung „SeiteneinsteigerInnen: eine
Schülergruppemit besonderen
Potentialen“
ProDaZ der Universität Duisburg-
Essen: Sprachbildungskonzepte
und Elternbeteiligung – Best
Practice
Obwohl mittlerweile Studien belegen, dass
SchülerInnen, die sich aufgrund ihres Migra-
tionshintergrunds benachteiligt fühlen, in
der Schule schlechter abschneiden, gilt an
manchen Schulen immer noch die „Deutsch-
pflicht“ – sogar auf dem Schulhof. DieBerück-
sichtigung undWertschätzung der individuell
mehrsprachigen Sozialisation ist entschei-
dend für die persönliche Entfaltung und
somit auch für den schulischen Erfolg von
mehrsprachigen SchülerInnen. Das zeigte
auch das Projekt „Wir erwachsen“: Mehr-
sprachiges und multikulturelles Denken und
Schreiben gehörte hier selbstverständlich
zum Arbeitsprozess dazu. „Ich konnte meine
Vorstellungen vomErwachsenwerden – sowie
es in meiner Kultur ist – in meine Geschich-
te einbinden. Dabei habe ich manchmal auf
Türkisch nachgedacht“, erinnert sich Nergis.
„Das geht in der Schule nicht so einfach. Oft
wollen Lehrer meine persönliche Geschichte
nicht hören.“ Auch der 16-jährige Baris konn-
te seine eigene Lebenswirklichkeit, die durch
seine Sprache und seine Kultur geprägt ist, in
den Schreibprozess einbringen. Das Projekt
hat ihn so in seiner Identität bestärkt: „Es ist
meine Geschichte und ich konnte daraus ma-
chen,was ichwollte. Esgibt immerMenschen,
die einen verändernmöchten und die sagen:
‚Nein, das ist nicht gut an dir.‘ Nach dem Pro-
jekt istmir klar geworden: Ich bin ich.“
Für die mehrsprachige Sozialisation und
für schulischen Erfolg von mehrsprachigen
SchülerInnenmuss sich Schule von ihremmo-
nolingualen Habitus distanzieren und mitge-
brachten Herkunftssprachen und -kulturen ei-
nen diversitätsfreundlichen Raum bieten. Das
Schreiben in allen Sprachen, die für die Schü-
lerInnen einen emotionalen, sozialen und ko-
gnitivenWert haben, muss gefördert werden.
Folgeprojekt inPlanung
Die Vorbereitungen für das Folgeprojekt
laufen bereits. Wieder werden Studierende
ein Semester lang SchülerInnen begleiten
und gemeinsam mit ihnen Texte für einen
Poetry-Slamentwickeln. Diesewerdendannam
10. Februar 2015 im Glaspavillion der Univer-
sität Duisburg-Essen vorgestellt. Auch Schüle-
rInnenausdemProjekt „Wir erwachsen“werden
wieder dabei sein. Eine von ihnen ist Nergis:
„Ich freue mich sehr darüber, dass ich wieder
mit Studierenden zusammen etwas erarbeiten
undmeine Kompetenzen erweitern kann.“
Tülay Altun
Herkunftssprachlicher Unterricht inNordrhein-Westfalen
AnerkennungundGleichberechtigung
In Nordrhein-Westfalen gibt es in allen Schul-
formen seit Jahrzehnten herkunftssprachlichen
Unterricht (HSU). Landesweit werden 19 Mut-
tersprachen unterrichtet. 886 Stellen sind im
Eckdatenerlass 2014/2015 für diese Aufgabe
ausgewiesen.
Laut HSU-Erlass vom 21. Dezember 2009 werden
neue Sprachgruppen eingerichtet, wenn die per-
sonellen und curricularen Voraussetzungen erfüllt
sind. Im Erlass heißt es: „Herkunftssprachlicher
Unterricht wird in der Primarstufe dort angebo-
ten, wo dieAnzahl der Kinder einer gemeinsamen
Herkunftssprache die Bildung einer mindestens
15 SchülerInnen umfassenden Lerngruppe dau-
erhaft ermöglicht.“ Wird an der Schule die Lern-
gruppengröße auch bei jahrgangsübergreifendem
Unterricht nicht erreicht, prüft die Schulaufsichts-
behörde Kooperationsmöglichkeiten mit benach-
barten Schulen. Bei ausreichender Gruppengröße
können dann auch schulformübergreifende Lern-
gruppen eingerichtet werden (HSU-Erlass 5.2).
Über den Umfang der Unterrichtsstunden gibt
es leider keine einheitliche Erfahrung. Manche
Schulen bieten pro Gruppe lediglich ein bis zwei
Schulstunden an. Im Erlass zum herkunftssprach-
lichen Unterricht heißt es hierzu jedoch: „Der
herkunftssprachliche Unterricht ergänzt mit in
der Regel fünf Wochenstunden den Unterricht in
den Regelklassen und Vorbereitungsklassen der
Primarstufe. (HSU-Erlass 5.1, Abs. 4).
Der HSU und auch seine Lehrkräfte kämpfen um
Anerkennung und Gleichbehandlung im Schul-
betrieb. Der Landesausschuss für multikulturelle
Politik der GEW NRW wendet sich deshalb an
Bezirksregierungen und Personalräte:
◆◆
Uns ist bis heute nicht bekannt: Wie werden
diese Stellen in den Bezirksregierungen verteilt
und besetzt?
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Welche Sprachenwerdenmit wie vielen Stellen
berücksichtigt?
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Bei zunehmender Anzahl der Kinder mit Mi-
grationshintergrund, neuen Zuwanderer- und
Flüchtlingskindern sind diese Stellen unzu-
reichend,
um „natürliche Mehrsprachigkeit“
dieser Kinder in den Schulen zu fördern.
Hasan Taskale, Leiter der Ausschusses
fürmultikulturelle Politik der GEWNRW
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