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nds 3-2013
Andrea Carvallo
Sozialwissenschaftlerin und
Jugendbildungsreferentin beim
DGB NRW Süd West
Doch zum Generationenwechsel einer Ge-
werkschaft gehört eben nicht nur die Gewin-
nung neuer Mitglieder, sondern auch ihre
Bindung und Aktivierung. Die GEW NRW ist
mit ihren zielgruppenspezifischen Angebo-
ten für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer
sehr erfolgreich, die Mitgliederzahlen steigen
kontinuierlich. Doch was macht das an den
Beitritt anschließende und bestenfalls auch
kontinuierliche Engagement in der GEW für
junge Menschen attraktiv? Um diese Frage zu
beantworten, muss man sich sowohl mit orga-
nisationspolitischen als auch mit inhaltlichen
Aspekten auseinandersetzen.
Organisationspolitischer Freiraum
Junge, aktive Gewerkschafterinnen und Ge-
werkschafter brauchen Freiräume, sie müssen
nicht der gleichen Meinung sein wie ihre er-
fahrenen Kolleginnen und Kollegen. Die GEW
Ehrenamtliche Beteiligung
Jung! Weiblich! Engagiert?!
Der Generationenwechsel wird in
der GEW schon seit einigen Jahren
diskutiert. Zwangsläufig führt diese
Diskussion zu der Frage, unter wel-
chen Bedingungen sich junge Frauen
in ihrer Gewerkschaft stärker enga-
gieren würden. Wenn man sich die
Mitgliederzusammensetzung der GEW
ansieht, stellt man schnell fest: Zwar
sind über 60 Prozent der GEW-Mit-
glieder weiblich, aber diese Zahl spie-
gelt sich nicht in der ehrenamtlichen
Beteiligung wider.
NRW muss streitbar sein – das wird sie sicher
aushalten und es wird ihr sogar guttun. Junge
Kolleginnen und Kollegen müssen sich aus-
probieren können, sie dürfen Fehler machen
und sie müssen sich durch ernstgemeinte
demokratische Prozesse und Strukturen ein-
bringen können. Gleichzeitig dürfen sie auch
nicht überlastet werden: Wer der jungen Frau,
die Interesse an der Mitarbeit in ihrem GEW-
Stadtverband hat, gleich fünf neue Ämter
gibt, muss sich nicht wundern, wenn sie sich
nach einiger Zeit umorientiert.
Themen, die bewegen
Außerdem müssen geeignete Übergänge
von der Jungen GEW in den Erwachsenenbe-
Lesetipp
Im Jahr 2012 hat der DGB zum vierten Mal eine re-
präsentative Sonderauswertung des DGB-Index Gute
Arbeit zur Situation der jungen Beschäftigten unter 35
vorgenommen. Im Auftrag des DGB wurden dafür 1.238
abhängig Beschäftigte unter 35 aus allen Branchen, Re-
gionen und Betriebsgrößen zu ihren Arbeitsbedingungen
befragt. Zu den Schwerpunktthemen gehören psychische
Belastungen am Arbeitsplatz, Stress und Hetze, das Ver-
schmelzen von Arbeit und Privatleben und Überstunden
bei jungen Menschen.
reich geschaffen werden. Der DGB-Index Gute
Arbeit hat mit seiner Sonderauswertung für
junge Beschäftigte im letzten Jahr eindrucks-
voll belegt, welche Themen junge Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer bewegen und
dass es Sinn macht, wenn sich Gewerkschaf-
ten auf originär gewerkschaftliche Themen
besinnen. Sie sorgen sich um ihr Einkommen,
um ihre Rente und um ihre Beschäftigungs-
sicherheit und sind körperlichen und psycho-
sozialen Belastungen ausgesetzt. Sie arbeiten
oft mehr als vertraglich vereinbart und sind
mit steigender Intensivierung und Entgren-
zung ihrer Arbeit konfrontiert, was dazu führt,
dass sie oft Arbeit mit nach Hause nehmen
und in ihrer Freizeit kaum abschalten können.
Dies sind Themen, die in besonderem Maße
auf Beschäftigte im Bildungs- und Erziehungs-
sektor zutreffen und es könnten genau die
Themen sein, mit denen die GEW NRW den
Generationenwechsel erfolgreich gestalten
kann.
Andrea Carvallo
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