nds_201408 - page 28

Wiehochdie schulischenBelastungen sind,
erlebendieBeschäftigten inderSchule tagtäg-
lich. Viele fragen sich schon wenige Wochen
nach Schuljahresbeginn, wo ihre Erholung ge-
blieben ist. Zahlreiche Studien belegen, dass
vor allem psychosoziale Belastungen eine
wesentliche Ursache für viele Erkrankungen
sind. Gesundheitliche Beeinträchtigungen
von Lehrkräften sind jedoch nicht allein ein
Problem für die Beschäftigten selbst, sondern
ein wirtschaftliches und bildungspolitisches
Problem. Die Folgen sind enorme Kosten und
kontraproduktiveAuswirkungen auf dieQuali-
tätsentwicklung in den Schulen.
Nach demArbeitsschutzgesetz ist das Land
NRW als Arbeitgeber schon lange verpflichtet,
alle Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz zu
erfassen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und
die erforderlichen Mittel im Landeshaushalt
bereitzustellen. Der Bundesrechnungshof hat
zudem 2010 alle Landesregierungen aufgefor-
dert, Präventivmaßnahmen zu ergreifen, weil
die Folgekosten der psychosozialen Erkran-
kungen insbesondere von Lehrkräften immens
hoch sind. Warum zieht das LandNRW immer
noch nicht die erforderlichenKonsequenzen?
Die COPSOQ-Befragung ist immerhin ein
erster Schritt auf dem Weg zur Reduzierung
der Belastungen. Aber Messen undWiegen al-
lein reicht nicht! Die Ergebnisse der COPSOQ-
Befragung ermöglichen eine landesweite
Auswertung der vorgeschriebenen psychoso-
zialen Gefährdungsanalyse des Arbeitsplatzes
Schule. Ziel der GEW ist es, das LandNRW auf
Die Regierungsbezirke Düsseldorf und
Münster haben die Befragung bereits
durchgeführt, im Regierungsbezirk Det-
mold startet COPSOQ nach den Herbstfe-
rien. KölnundArnsberg folgen in2015und
2016.WiekönnendiebisherigenErgebnisse
genutztwerden, damit derArbeitgeber seine
gesetzlichen Verpflichtungen wahrnimmt und
die Lehrkräfte entlastet? Wie können Probleme
aus den erstenBefragungen vermiedenwerden, die
wirksamen Entlastungsmaßnahmen imWege stehen?
dieser Basis zur Beseitigung, mindestens aber
zur Reduzierung festgestellter Belastungen
und Gefährdungen zu veranlassen. Erste
Maßnahmen – neben denen, die direkt in der
Schule ergri enwerdenmüssen und können –
sind unmittelbar nach Auswertung der Ergeb-
nisse in jedem Bezirk für alle Schulen in NRW
durchzuführen. Unterstützt wird dieser Prozess
bereits im Vorfeld der Befragung durch recht-
zeitige und umfassende Informationen und
Mitbestimmung der Personalräte und durch
die Kooperation zwischen Personalräten und
Lehrerräten.
WenigVertrauen, zögerlicheBeteiligung
Die Teilnahme an der COPSOQ-Befragung
lag imDurchschnitt aller Schulformen inDüs-
seldorf bei 40 Prozent und inMünster bei 45
Prozent der Beschäftigten. Eine höhere Betei-
ligung wäre wünschenswert, es ist jedoch an-
gesichts der teils desorientierenden Informati-
onen der Bezirksregierungen fast erstaunlich,
dass diese Zahl erreicht wurde.
Vor allem bezweifeln die Lehrkräfte, dass
der Erhebung tatsächlich Verbesserungen
der Arbeitsbedingungen folgen. Denn die
Erfahrung zeigt, dass die Landesregierung
jahrelang nicht bereit war, finanzielle Mittel
für erforderliche Verbesserungen der Arbeits-
bedingungen in den Schulen bereitzustellen.
Stattdessen wurden die Beschäftigten aufge-
fordert, selbst inden SchulenMaßnahmen zur
Beseitigung der Gefährdungen zu entwickeln
und umzusetzen. Schulleitungen fürchten,
dass COPSOQ ihre spezifischen Belastungen
nicht berücksichtigt und ihr Führungsverhalten
als Hauptursache für alle Probleme gewertet
wird. DiePersonalrätewärenbesser rechtzeitig
beteiligt worden.
Maßnahmennur bedingt erforderlich?
Die bisherigen bezirksweiten Auswer-
tungen für Düsseldorf und Münster weisen
folgende Belastungsschwerpunkte auf:
emotionale Anforderungen und kognitive
Stresssymptome,
Work-privacy conflict und Burn-out,
Rollenkonflikte,
Lärm- und Stimmbelastung.
Entlastungsmaßnahmen können nur wirk-
sam werden, wenn das Land unter anderem
personelle Ressourcen bereitstellt für
die Reduzierung der Unterrichtsverpflich-
tung und Aufgabenmenge,
zusätzliche Sozial- und Sonderpädago-
gInnen,
eine Senkung der Klassenfrequenzen und
Erhöhung der Anrechnungsstunden sowie
Zeit für Kooperation und Fortbildung.
ImHinblick auf die Lärm- und Stimmbelas-
tung sind zusätzlich häufig bauliche, schall-
dämpfende Maßnahmen des Schulträgers
erforderlich.
Nachdem die Schulberichte in Düsseldorf
undMünster vorlagen, wurdendie Schulen in
der Regelmit der Auswertungalleingelassen,
zeitliche Entlastungen für die Analyse und
Reduzierung der innerschulisch bedingten
28
ARBEITSPLATZ
COPSOQ-Befragung zur psychosozialenGefährdung amArbeitsplatz Schule
Messen undWiegen reicht nicht
Foto: istockphoto.com/michellegibson
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...40
Powered by FlippingBook