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nds 8-2014
Über den Unterricht hinaus müssen Ler-
nende auch in Zukunft gezielt ansprochen,
beratenundbegleitetwerden.Weiterbildungs-
einrichtungen benötigen hierfür zusätzlich zur
klassischen Förderung dringend weitere Res-
sourcen. Kursleitungenwerden zurzeit nach er-
teilten Unterrichtsstunden honoriert. Damit ist
noch keine Maßnahme zur aufsuchenden Bil-
dungsarbeit, kein Bildungsberatungsgespräch,
keine individuelle Förderung durchgeführt.
Ohne flankierende Maßnahmen werden die
Schwellen für LernerInnen weiterhin zu hoch
angesetzt sein. Es darf nicht mehr dem Zufall
überlassen sein, welche Begleitmaßnahmen
imAlpha- undGrundbildungsbereich stattfin-
den. Es braucht hierzu Regelstrukturen und
-förderungen.
AlphanetzNRW – ein starkesBündnis
Um mit den relevanten Partnern in NRW
eine gemeinsame Strategie für passende und
erreichbare Angebote zu erarbeiten, hat der
Landesverband der Volkshochschulen von
NRW e.V. im Februar 2014 das Alphanetz
NRW gegründet. Bislang sind über 100Unter-
zeichnerInnen aus Politik, Weiterbildung und
Arbeitsverwaltung, die GEW NRW, die Ver-
braucherzentrale NRW sowie die regionalen
Bildungsnetzwerke beigetreten. 16 lokale
Bündnisse befinden sich in Gründung und
starten vorOrtAktivitäten zur Sensibilisierung
und Abstimmung von Maßnahmen. Verschie-
dene Handlungsebenen des Landes und der
Kommunenwerdenengmiteinander verzahnt.
Neue Förderstrukturen und Zugänge werden
erprobt. KursleiterInnen werden qualifiziert.
Beratung und Vernetzung werden gewährlei-
stet. Das Alphanetz ist schon wenigeMonate
nach seiner Gründung ein entscheidendes
Scharnier für Alphabetisierung und Grundbil-
dung inNRW. Nun sind kreative und konkrete
Maßnahmengefragt, damit dieMenschen, um
die es geht, ungehindert gesellschaftlich teil-
haben können.
Ulrike Kilp
Deutscher Volkshochschulverband:
- ich-will-lernen.de
- ich-will-Deutsch-lernen.de
AlphanetzNRW
pus
UlrikeKilp
Kommissarische Verbandsdirekto-
rin undReferentin für Alphabe-
tisierung undGrundbildung des
Landesverbands der Volkshoch-
schulen vonNRW e.V.
Wir müssen es uns ganz deutlich machen:
Mehr Erwachsene als SchülerInnen anGrund-
schulen und Gymnasien in NRW zusammen
verfügen über keine ausreichende Fähigkei-
ten im Lesen, Schreiben oder Rechnen. Dem
gegenüber stehen nur 5.000 Weiterbildungs-
plätze, die über ganz NRW verteilt sind und
sich gleichermaßen an Arbeitssuchende und
Erwerbstätige mit ihren unterschiedlichen Be-
dürfnissen richten. Ohne neue Kursangebote,
aufsuchende Bildungsarbeit und eine qualifi-
zierte Beratung ist eine deutliche Steigerung
der Teilnahme an Alphabetisierungs- und
Grundbildungsangeboten nicht realistisch.
FaireBeschäftigung ermöglichen
Wir haben bereits motivierte und kompe-
tente Beschäftigte in Volkshochschulen und
anderen gemeinwohlorientierten Weiterbil-
dungseinrichtungen. Wir brauchen jedoch
nicht nur engagierte Lehrkräfte, sondern auch
tariflich beschäftigte! Sie müssen eine flä-
chendeckende Selbstverständlichkeit sein.
Dann haben auchMasterstudiengänge für
Grundbildung und gute Fortbildungsinitiati-
ven eine Perspektive. Denn wie viele bekom-
men nach ihrem Master in einem prekären
Arbeitsverhältnis durchschnittlich 20,- Euro
Arbeitgeberbruttounddamit nicht einmal den
Mindestlohn in der Weiterbildung? Wer kann
es sich unter diesenBedingungen zeitlich und
finanziell leisten, einemehrtägige Fortbildung
zu besuchen?
BundesfinanzierteDaueraufgabe
Erfolgreiche Grundbildung braucht verläss-
liche –unddasheißt: langfristige –Strukturen.
Zeitlich befristete Projektarbeit kann nicht die
Lösung für ein Dauerproblem sein. Grundbil-
dung muss stattdessen endlich als Dauerauf-
gabe anerkannt werden!
Die gemeinwohlorientierte Weiterbildung
trägt eine ganz besondere Verantwortung,
die ihre Träger nicht alleine schultern können.
Hierfür ist eine deutliche Finanzierung durch
den Bund, in die alle Ministerien einbezogen
werdenmüssen, nötigundgeboten.Dazumuss
das Kooperationsverbot aufgehobenwerden.
DieGEWbestimmtmit
Die Einsicht, dass etwas getan werden
muss, ist gegeben: Mit der Nationalen Stra-
tegie für Alphabetisierung und Grundbildung
wird das Thema durch einen breiten gesell-
schaftlichen Konsens getragen und viel Geld
investiert, um Ö entlichkeit herzustellen. Der
2014 in NRW von Bildungsministerin Sylvia
Löhrmann ins Leben gerufene Landesbeirat
für Weiterbildung hat die Themen Alphabe-
tisierung und Grundbildung sowie die Erhö-
hung der Weiterbildungsbeteiligung ganz
oben auf seineAgenda gesetzt.
Die GEW unterstützt und beteiligt sich an
Netzwerken und Initiativen auf Bundes- und
Landesebene. Die Bildungsgewerkschaft ist
Mitglied im Netzwerk für Alphabetisierung
und Grundbildung und Dorothea Schäfer ver-
tritt uns als Vorsitzendeder GEWNRW im Lan-
desbeirat. Nun müssen wir gemeinsam dafür
sorgen, dass sich auch die Strukturen ändern!
Helle Timmermann
Helle Timmermann
Vorsitzende der Fachgruppe
Erwachsenenbildung
der GEWNRW
Grundbildung als allgemeine gesellschaftlicheAufgabe
Gemeinsam Strukturen ändern
1,2 Millionen funktio-
nale AnalphabetInnen
und etwa 5.000 Plätze
in den Weiterbildungs-
einrichtungen in NRW
sprechen eine deutliche
Sprache:Wirmüssen et-
was tun.
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