Betr.: nds4-2016, Leserbrief zu „Lehrenüber denHolocaust“
Ich bin nicht der Meinung, dass Diffamierungen wie „das moderne
Konzentrationslager Gazastreifen“ zu einer Debatte über eine kritische
Sicht auf die Politik Israels auffordern, wie der Kommentar von Fritz
JunkerszumLeserbriefvonHelmutPenschinskinahelegt. Zueiner solchen
Debattebrauchtmangar nicht aufzufordern, da sie –wieauchhier – zu
jedermöglichenund leiderauchunmöglichenGelegenheitgeführtwird.
Eswirdoftbehauptet,Kritikan Israel inDeutschland zuäußern, sei tabu.
Das Gegenteil ist der Fall. Insofernmuss auch nicht dazu aufgefordert
werden, schongarnicht inFormvonsounsachlichenundundifferenzierten
Äußerungenwie denen vonHelmut Penschinski.
ChristophReichold
Betr.: nds4-2016, Leserbrief zu „Lehrenüber denHolocaust“
Helmut Penschinski beschwert sich in seinem Leserbrief über „Propa-
ganda über israelische Politik“, die seiner Auffassung nach im Artikel
„Lehren über den Holocaust“ (nds 2-2016) enthalten sei. Er empfiehlt
„in das moderne Konzentrationslager Gazastreifen“ zu gehen. Solche
markigen Sätze lassen sich vier Flugstunden von Israel und Palästina
entfernt locker formulieren. Über die zweifelhafte Berechtigung dieser
Aussage angesichts der deutsch-jüdischen Geschichte und derjenigen
Israelsmussmannicht streiten. Helmut Penschinskis Sätze sind in ihrer
selbstgefälligenEinseitigkeitausgesprochenabstrus.DreiBeispieledafür:
Die Hamas-Administration imGazastreifen bestreitet in ihrer Program-
matik das Existenzrecht Israels. Der Wiederaufbau in Gaza stockt nicht
nurwegenderdurch Israel scharf rationiertenZementimportenachGaza,
sondernauchweil dieHamas Tunnel zummilitärischenGebrauchbauen
lässt, für deren Befestigung großeMengen Zement verbraucht werden,
die dem zivilen Wiederaufbau fehlen. Die Verwirklichung wesentlicher
Grundrechte wie Presse- undMeinungsfreiheit, Gleichberechtigung von
Mann und Frau oder ein Verbot der Diskriminierung von Lesben und
Schwulen stehen – zurückhaltend formuliert – nicht unbedingt oben
auf der Hamas-Agenda.Mit diesenBeispielen rechtfertige ichweder die
Besatzungspolitik Israels imWestjordanland noch die Siedlungspolitik
oder die Politik der Regierung Netanjahu. Ich kritisiere hingegen, dass
man –wieHelmut Penschinski – aus sicherer Entfernungpostuliert, was
richtigundwas falsch ist. Nacheiner Israelreisebin ich vorsichtiggewor-
den. Als Reisendem wird einem brutal klar, was die Existenz für jeden
Menschen in Israel auchbedeutet: zu jedemZeitpunkt undan jedemOrt
des Landes an Leib und Leben bedroht zu sein.
Hans-Werner Küster
Betr.: nds5-2016, Ruhestandauf eigenenAntrag
Nach Auffassung der GEW-Personalräre können LehrerInnen, die auf
Antrag indenRuhestandgehenmöchten, im laufendenSchuljahrgehen.
Dies empfinde ich als unsolidarischgegenüber denKollegInnen, die die
organisatorische Arbeit in den Schulen leisten. Statt die unsägliche Pra-
xis der permanentenNeueinstellungen, die organisatorischer Logik und
pädagogischerKontinuitätHohnspricht, zukritisieren, setztdieGEWNRW
nocheinsdrauf.Wer solche liberalenRegelungen fordertoderunterstützt,
sollte sichauchGedankendarübermachen,wer sie inder Schule letztlich
mit hohem Zeit- undArbeitsaufwand umsetzt.
KarlWatermann
Betr.: nds4-2016, Leserbrief zu „Lehrenüber denHolocaust“
Helmut Penschinski spricht in seinem israelkritischen Leserbrief vom
„modernen Konzentrationslager Gaza“. Nun waren NS-Vergleiche noch
nie ein probatesMittel in der politischenAuseinandersetzung. Der Ver-
gleichGazasmitdenhistorischenKonzentrationslagernmachthier keine
Ausnahme. Abgesehen davon, dass er einer Prüfung kaum standhielte,
legt er nahe, „die“ Israelis vonheute verhielten sichnicht anders als die
NS-TäterInnen vondamals. KZ-Vergleiche sinddarüber hinaus geeignet,
die Singularität desHolocausts zu relativieren. Der Holocaust war aber
nicht nur, wieHelmut Penschinski schreibt, eine „Entsetzlichkeit“, erwar
einhistorisch einzigartiges Verbrechen. NS-Vergleiche inder politischen
Debatte zuverwenden, zeugtdanebenvoneinerenormenEmpathie- und
Respektlosigkeit gegenüber denOpferndesNS-Regimes – insbesondere
wenn solcheVergleichemit einer pauschalenKritikan „der“ israelischen
Politik verbunden sind, zu deren zentralen Elementen noch immer die
Erinnerung andenHolocaust zählt. Schließlichmuss sichder Autor des
Leserbriefs die Frage gefallen lassen: Wem nutzt dieseArgumentation?
Pauschalkritikwiediese ist sicherlichnichtgeeignet, denDialogzwischen
denKonfliktparteienvoranzutreiben.Daher irritiertmichdieAnmerkung
desverantwortlichenRedakteursderndsauch sehr, der Leserbrief könne
zueiner kritischenDebatteüberdie israelischePolitikbeitragen.Nein, da
widerspreche ich: KZ-Vergleiche können nie zu einer kritischenDebatte
beitragen.HierwardieGEW tatsächlichschoneinmalweiter. Icherinnere
andie kritischeDiskussionauf demBundesgewerkschaftstag2013und
den dort gefasstenBeschluss zum israelisch-palästinensischenKonflikt:
FlorianBeer
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LESERBRIEFE