Judith Gärtner fühlt sich offensichtlich wohl
in ihrer Schule und sie hat überwiegend gute
Erinnerungen an ihren Berufseinstieg nach
dem Referendariat. „Endlich war diese elende
Fahrerei von Essen zum Seminar nach Kleve
vorüber.“ Zunächst war der Einstieg wie bei den
meisten Kolleginnen und Kollegen dieser Ge-
neration eine befristete Vertretungsstelle. Aber
hier gab es überwiegend gute Erfahrungen:
gegenseitige Unterstützung bei der Erstellung
von Unterrichtsmaterial, die Arbeit im Team,
offene Türen und der Austausch über Kinder
und Gruppen.
Und dennoch gab es einen Bruch, denn die
Arbeit an dieser Schule konnte nicht in eine
Festanstellung umgewandelt werden.
Judith wechselte zur Adolf-Feld-Schule
nach Oberhausen. An dieser Grundschule
in der Stadtmitte gab es gleichzeitig einen
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nds 1-2013
So gelingt der Start.
Wechsel der Schulleitung und die „Neue“ war
ebenfalls jung und an Teamarbeit interessiert.
Bei der Übernahme der Leitung einer drit-
ten Klasse machte Judith Gärtner dann eine
wichtige Erfahrung: Die Eltern hatten noch
nie erlebt, dass nach den großen Ferien die-
selbe Klassenlehrerin die Kinder begrüßte.
Judith Gärtner war die siebte Klassenlehre-
rin. „Erstaunlich, dass die Eltern nicht fru-
striert waren, sondern sich sehr kooperativ
verhielten. Jetzt profitierte ich davon, dass ich
in der Lehrerausbildung gute Elternarbeit er-
lebt hatte. Ganz enger Kontakt zu den Eltern
meiner Klasse, ihre Einbeziehung ins Schul-
leben und die individuelle Beratung beim
Schulwechsel der Kinder schafften Vertrauen.“
Diese Erfahrung hat ihre weitere Arbeit an der
Schule ebenso bestimmt wie die Teamarbeit und
die Unterstützung durch die Schulleitung.
BB
Herausforderungen
Eine besondere Herausforderung waren für
mich die höhere Stundenanzahl einer vollen
Stelle und die dadurch zusätzliche Arbeit nicht
nur in der Stundenvorbereitung, sondern auch
bezüglich organisatorischer Aufgaben, Schüler-
und Elterngesprächen und der verschiedenen
kleinen bis großen Probleme, die im selbst-
ständigen Unterricht auftreten. Darüber hinaus
natürlich die Korrekturen, wobei die Schulleitung
darauf geachtet hat, die neuen LehrerInnen zu
entlasten. Mit der neuen Stelle erfolgte auch der
Umzug in eine neue Stadt. Alles zusammen war
dann schon recht viel auf einmal.
Das eine oder andere Fettnäpfchen
Hauptsächlich an die schulinternen Abläufe,
z.B. wo finde ich welche Dokumente und For-
mulare, welche internen Regelungen, etwa zur
Verteilung von Wörterbüchern in den Kursräu-
men, gibt es, oder wer ist für was zuständig, sind
gewöhnungsbedürftig. In das ein oder andere
Fettnäpfchen bin ich dann getappt, wobei ich
aber zum Glück immer Unterstützung bekam.
Das Problem waren weniger die neuen Dinge,
sondern vielmehr jene, die gleich bzw. vertraut
waren, aber doch anders geregelt wurden, z.B.
bei wem oder wo die Klausuren und Klassenar-
beiten eingereicht werden, der Stundenplan, die
neuen Kürzel für Aufsichten o.ä., der Klausur-
plan, die Lehrerarbeitsplätze und anderes.
Viel Unterstützung
Hilfe habe ich von allen bekommen, spätes-
tens, wenn ich etwas gefragt habe. Es ist öfter
vorgekommen, dass ich etwas ratlos ausgesehen
habe, etwa wenn ich vor dem einen oder an-
deren Aushang stand. Irgendjemand trat dann
hinzu und half mir weiter. Besonders meine
Fachvorsitzende in Englisch hat mich nicht nur
fachspezifisch, sondern vor allem auch in Bezug
auf die schulinteren Abläufe und Organisations-
strukturen unterstützt. Das kann ich auch über
meine Fachschaft Kunst sagen. Da hier weniger
mit einem festen Lehrwerk gearbeitet wird und
es daher meinerseits viele unterrichtsbezogene
Fragen gab, war das besonders hilfreich. Auch
die Schulleitung ließ mich nie vor verschlossenen
Türen stehen, was eine wirkliche Unterstützung
war, ebenso wie die tägliche vielfältige Hilfe vom
Hausmeister und den Sekretärinnen.
Was ich vermisst habe
Am Anfang kam mir das Schulleben mit all
seinen Abläufen und Aufgaben wie ein Flicken-
teppich vor. Die einzelnen Teile waren nicht leicht
überschaubar, andere waren nicht bekannt. Es
dauerte, bis ich mich zurecht gefunden habe,
teilweise gibt es noch immer Lücken. Eine Art
Fortbildung zu organisatorischen Abläufen wäre
vielleicht hilfreich gewesen. Das Wesentliche
wurde in der Einweisung weitergegeben, aber da
sich manche Fragen erst nach und nach ergeben
haben, gab es dann immer wieder kleine Stolper-
steine, an die ich vorher nicht gedacht hatte. Wo-
bei ich Mühe habe, mir eine solche Fortbildung
vorzustellen. Vieles ergibt sich nun einmal erst
durch den Schulalltag.
Ernüchternd
Es war ernüchternd, wie sehr die Möglich-
keiten zur Unterrichtsgestaltung und Organisa-
tion vom Standort der Schule abhängig sind.
Ich meine damit nicht SchülerInnen oder Kolle-
gInnen, sondern dass an einigen Stellen ein-
fach Gelder fehlen und kaum zu akzeptieren ist,
warum gerade Schulen nicht mehr Finanzmittel
erhalten. Natürlich wird auch so weiterhin guter
Unterricht gemacht, aber es ist frustrierend,
wenn Möglichkeiten, die darüber hinaus bestün-
den, nicht genutzt werden können.
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Judith Gärtner, Adolf-Feld-Schule, Oberhausen
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