Mein erstes Schuljahr als Lehrerin
Mein erstes Schuljahr als „richtige“ Leh-
rerin war anstrengend, aber auch voller
Überraschungen und freudiger Ereig-
nisse. Am 1. Februar ging es los, und das
zweite Halbjahr stand kurz vor der Tür.
So hatte ich zunächst einmal die Mög-
lichkeit anzukommen und die Beson-
derheiten der Schule auf mich wirken zu
lassen. Schulprogramm, pädagogisches
Leitbild, Lehrerzimmer nach Teams auf-
geteilt, Vertretungsplan lesen, über 100
Kolleginnen und Kollegen kennenler-
nen, wo fängt der eine Schulhof an und
wo hört der andere Schulhof auf usw..
Viele neue Eindrücke, aber das kannte
ich ja schon aus dem Referendariat!
Hilfestellungen, die ich erhalten habe
Die Schulleitung hat die neuen Kolleginnen
und Kollegen sehr herzlich empfangen und vor
allem dafür gesorgt, dass der Berufseinstieg
gut zu bewältigen war. So habe ich drei Kurse,
also 12 Stunden, in Doppelbesetzung mit Kol-
leginnen und Kollegen unterrichtet. Das hatte
den Vorteil, dass wir uns die Klasse auftei-
len oder individuellere Hilfestellungen geben
konnten. Auch in Bezug auf die Korrekturen
war dies natürlich sehr entlastend. Gerade
wenn man neu an einer Schule ist, kann es
doch sehr hilfreich sein, wenn man sich mit
Kolleginnen und Kollegen austauschen kann.
„Plötzlich wird
es ernst“
Den Einstieg habe ich trotz der Zeit zwi-
schen Examen und Schuljahresbeginn als sehr
abrupt wahrgenommen. Nach sieben Jahren
Ausbildung „plötzlich“ die Stelle anzutreten,
mit allen Anforderungen und Veränderungen,
die sie mit sich bringt, war ein Schritt, auf den
man sich, glaube ich, nur schwer vorbereiten
kann.
Die größte Sorge
Ich war sehr erleichtert, dass ich so freund-
lich vom Kollegium aufgenommen worden
bin und schnell Kontakte knüpfen konnte. In
den zwei Jahren Referendariat hatte ich mich
sehr an mein damaliges Kollegium gewöhnt
und der Abschied fiel dann auch schwer.
Meine größte Sorge war es, dass es an der
neuen Schule menschlich nicht so passt. Die
Vorstellung, eine Vielzahl an Jahren in einem
Kollegium zu arbeiten, ohne das Gefühl zu ha-
ben, dort wirklich hin zu passen, war ziemlich
bedrückend.
Schön war es auch
Schön war es auch, meine Klassen und die
einzelnen Schülerinnen und Schüler immer
besser kennenzulernen und den Unterricht
noch einmal ganz anders zu erleben als in
„geliehenen“ Klassen während des Ausbil-
dungsunterrichts.
Was war besonders herausfordernd?
Als besondere Herausforderung habe ich
natürlich zu Beginn die Erhöhung der Stun-
denzahl empfunden. Gerade noch waren es 12
Stunden, die ich unterrichten musste, und mit
einem Schlag 25,5 Stunden. Und noch mehr
änderte sich durch den Wechsel der Schule:
neue Schülerinnen und Schüler, neue Kurse,
neue Gebäude, neue Regelungen und vieles
mehr. Die ersten Tage bin ich völlig platt Zu-
hause angekommen und bin nur noch in mein
Bett gefallen. Des Weiteren habe ich es als
sehr belastend empfunden, nun nicht mehr
den „Welpenschutz“ einer Lehramtsanwärte-
rin genießen zu können. Von einem Tag auf
den anderen plötzlich Lehrerin – mit allen
Rechten, aber auch allen Pflichten!
Was war ernüchternd?
Tja, 25,5 Stunden unterrichten und jede
Stunde bis ins kleinste Detail planen!? Geht
nicht, musste ich ganz schnell feststellen! Im-
mer mehr wusste ich es zu schätzen, dass der
Materialienaustausch an unserer Schule so
gut organisiert ist und ich darauf zurückgrei-
fen konnte. Es wurde schnell klar, dass es
nicht mehr möglich war, den Unterricht in
dem Maße vorzubereiten, wie ich es aus dem
Referendariat kannte. Mit mehr Erfahrung –
stellte ich mir vor – könnten sicher noch bessere
Unterrichtsreihen entwickelt werden, aber dazu
jetzt oft die Zeit. Wie heißt es doch so schön:
Qualität, nicht Quantität!
Was ich mir für die Zukunft wünsche
Für die Zukunft würde ich mir wünschen,
dass ich wieder mehr Zeit habe, um „High-
light-Stunden“ zu erarbeiten. Stunden, die
den Schülerinnen und Schülern besonders viel
Freude beim Lernen bereiten und die ihnen im
Gedächtnis bleiben.
Außerdem wäre es schön, wenn die Arbeits-
belastung reduziert würde, z.B. durch weniger
Stunden. Und eine Sache wünsche ich mir be-
sonders! Dass ich nicht belächelt werde, wenn
ich mit stolz verkünde, dass ich Lehrerin bin
und das nicht wegen der 12 Wochen Ferien
und dem Beamtenstatus, sondern weil es mir
jeden Tag erneut Freude bereitet, mit Kindern
und Jugendlichen zu arbeiten!
r
Jonas Bliesner, Franz-Haniel-Gymnasium Duisburg
Melissa Ohm-Winkler, Gesamtschule Hagen-Haspe
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