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bildung
Dr. Brigitte Schumann
Mitglied der AG Masterplan
Bildung Ruhr der GEW NRW
Karl Keining
Mitglied der AG Masterplan
Bildung Ruhr der GEW NRW
Erste Schritte auf dem Weg zur Bildungsregion?
Mehr Wertschätzung für Bildung im Ruhrgebiet
Nach einem Jahr „auf dem Weg zur Bil-
dungsregion“, die bis 2018 Gestalt gewonnen
haben soll, lohnt ein kritischer Blick aus gewerk-
schaftlicher Sicht. Die AG Masterplan Bildung
Ruhr der GEW NRW fordert seit vielen Jahren
in Kooperation mit WissenschaftlerInnen aus
der Region eine lückenlose Förderkette ent-
lang der Bildungsbiografie für „Risikokinder“;
dabei gelten Prävention und Frühförderung als
wesentliche Module. Dass so etwas letztlich un-
ausweichlich ist, wurde vielfältig und zwingend
begründet, u.a. durch neuere Ergebnisse der
Hirn- und Lernforschung (s. Abb. rechts).
Stationen des Verständigungsprozesses
Der im Ruhrgebiet auf Zusammenhalt ausge-
richtete RVR ist dabei, einen Verständigungspro-
zess über die inhaltliche Schwerpunktsetzung der
Bildungsregion zu moderieren. Ein Baustein wird
eine Synopse der kommunalen Bildungsberichte
sein, die in ein regionales Bildungsmonitoring
münden soll. Man plant die Fortschreibung des
Bildungsberichtes in etwa vierjährigem Rhyth-
mus. Die informelle, also die außerschulische
Bildung soll hierbei als ein Querschnittsthema
in den Blick genommen werden, d.h. über alle
Stationen der Bildungsbiografie hinweg. Außer-
dem bemüht sich der RVR um Finanzmittel der
Europäischen Union – auch für die Bildungsre-
gion Ruhr – in der Förderperiode 2014 bis 2020.
Und schließlich hat Ende November 2012 der
erste „Wissensgipfel Ruhr“ stattgefunden; er
wurde vom RVR in Zusammenarbeit mit den
Industrie- und Handelskammern der Region aus-
gerichtet. Vor allem vertiefte Kontakte zu den
Hochschulen sollte er ermöglichen und den sich
abzeichnenden Fachkräftemangel in den Blick
nehmen. RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel
erläutert: „Die Bildungsregion Ruhr soll in regi-
onale Entwicklungs- und Innovationsstrategien
eingebunden und mit konkreten Förderschwer-
punkten und Projekten zu einem Erprobungsfeld
für innovative Strukturpolitik werden.“
Die vorsichtigen Schritte des RVR hin zur
Bildungsregion zeigen vor allem das Bemühen,
möglichst alle Kommunen in ihrer unterschied-
lichen Sicht auf die Bildung und deren Ge-
wichtung mitzunehmen. Dazu dient auch die
„Wiedereinrichtung des Bildungsforums Ruhr“
als Austausch- und Entwicklungsplattform der
Bildungsakteure im Ruhrgebiet. Kurz vor Weih-
nachten 2012 hat das Ruhrparlament zu allem
durch Beschluss das Startsignal gegeben.
Der Bildungsbericht Ruhr ist von der Stif-
tung Mercator kofinanziert und damit erst er-
möglicht worden. Schon bei seiner Vorstellung
2012 erklärte ihr Geschäftsführer, Prof. Dr.
Bernhard Lorentz, die Stiftung werde weitere
Bildungsprojekte in der Region finanziell unter-
Stolz wurde vor einem Jahr der bundesweit erste regionale Bildungsbericht im Auftrag
und unter Federführung des Regionalverbandes Ruhr (RVR) – in Anwesenheit von
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – für alle 53 Kommunen des Reviers präsentiert.
Von einem wissenschaftlichen Konsortium wurde darin regionalspezifisch das im
Vergleich zum übrigen Land NRW niedrige Bildungsniveau im Ruhrgebiet und darüber
hinaus dessen starke Abhängigkeit von der sozialen Herkunft analysiert sowie ein ho-
her Förderbedarf festgestellt. DieMülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld
erklärte – auch stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen: „Wir fühlen uns als
Ruhrgebietskommunen verantwortlich für die gesamte Bildungskette. Den Weg vom
Bildungsbericht zur Bildungsregion wollen und müssen wir gehen.“
stützen, wenn die Ziele Chancengleichheit und
kommunale Kooperation im Fokus stünden.
RuhrFutur als Modell für die Bildungs-
arbeit im Ruhrgebiet folgerichtig?
Folgerichtig tritt Mercator bei der RuhrFutur,
einer noch zu gründenden gemeinnützigen
GmbH, als Financier und Mitgesellschafter auf.
Mit von der Partie sind außerdem zunächst die
Städte Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herten
(kreisangehörig) und Mülheim. RuhrFutur will
dafür sorgen, dass sich in der Bildungskette die
Übergänge besonders für Kinder und Jugend-
liche aus sozial benachteiligten Verhältnissen
nahtlos gestalten; Frühförderung soll als ein
wichtiges Projekt Eingang finden. Die Stiftung
will 12 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
RuhrFutur soll ein Modell für Bildungsarbeit im
Revier entwickeln und nach der Gründungsphase
offen sein für weitere Mitgliedskommunen.
Die Revierwissenschaftler Jörg Bogumil, Rolf G.
Heinze, Franz Lehner und Klaus Peter Strohmeier
haben in ihrer Broschüre „Viel erreicht, wenig ge-
wonnen“, Untertitel „Ein realistischer Blick auf das
Ruhrgebiet“, ein entscheidendes Fazit gezogen: „Der
wichtigste Unterschied zwischen den Städten in
Deutschland ist der zwischen denen, die sich bewe-
gen und vorausschauend in Humanvermögen und
Humankapital investieren, und denen, die nichts
oder zu wenig tun. Das gilt auch im Ruhrgebiet.“
Bei der Vorstellung, wie die Bildungsregion
Ruhr entwickelt werden kann, stellt sich schon
jetzt die Frage, ob eine „Bildungsregion der
zwei Geschwindigkeiten“ und ein Bildungsmo-
nitoring für die „RuhrFutur-Städte“ und eines
für die gesamte Region zielführend sind.
Brigitte Schumann/Karl Keining
Prävention und Frühförderung sind wesentliche Module
der Förderkette
© Volker Kersting