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Arbeitsplatz
Die Dynamik bei den Schul-Neugründungen von Gesamt- und Sekundarschulen
in NRW ist ein schöner Erfolg der Schulpolitik im Lande. Als „Nebenwirkung“
laufen viele bisher erfolgreich arbeitende Schulen aus. Sie müssen weichen,
obwohl ihre Arbeit gut war und gut ist. Der deutliche Wunsch, Kinder auf
integriert arbeitende Schulen zu schicken, zwingt nach vorne zu blicken und
Schulstrukturen zu verändern.
Zur Vermeidung von Nebenwirkungen bei der standortbezogenen Schulentwicklung
Fortbildungsangebot für auslaufend gestellte Schulen
Die Betroffenheit der auslaufend
gestellten Schulen
Die Entwicklung vor Ort erleben viele be-
troffene Lehrkräfte als bitter. Viele Mitwir-
kende an den auslaufend gestellten Schulen
fühlen sich durch den Prozess an sich abge-
wertet, obwohl sie im Grunde die Intentionen
der zu schaffenden integrierten Schulformen
positiv sehen. Daher ist es wichtig, Übergänge
im Prozess konstruktiv und wertschätzend mit
den Kompetenzen der Beteiligten zu gestal-
ten. Unter der Prämisse, Neues zu schaffen,
müssen die Stärken der bisherigen Schulform
– beispielsweise hervorragende Konzepte der
Berufsorientierung in Hauptschulen – dem
Schulstandort erhalten bleiben.
In Zusammenarbeit von Bezirksregierung
Münster und den regionalen Kompetenzteams
wird derzeit in Abstimmung mit dem Schulmi-
nisterium (MSW) ein Fortbildungsprogramm
zur heterogenitätsgerechten Unterrichtsent-
wicklung für die Kolleginnen und Kollegen
entwickelt, die durch den Wandel der Schulst-
ruktur in ihrer persönlichen Arbeitsbiographie
betroffen sind.
Diese Lehrkräfte stehen vor der – individu-
ell zu treffenden – Entscheidung, ob sie sich
Lerngruppen integrierter Schulformen sind
sehr heterogen. Die große Sorge von Lehr-
kräften auslaufend gestellter Schulen ist, da-
mit nicht angemessen umgehen zu können.
Doch auch die Lerngruppen des gegliederten
Schulwesens sind heterogen. Auch dort ist es
unverzichtbar, individuelle Förderung, selbst-
gesteuertes Schülerlernen und kompetenzo-
rientiertes Unterrichten zu praktizieren. Bei
entsprechender Rahmung und Unterstützung
können die Beteiligten in diesen Bereichen
ihre Lehrerkompetenzen systematisch und ori-
entiert auf ihr jeweiliges künftiges berufliches
Handlungsfeld erweitern.
In einer „normal existierenden Schule“ ist
es Aufgabe des Systems Schule, diese Rah-
mung zu bieten und die Kompetenzentwick-
lung des Kollegiums mit Schulentwicklung
zu verknüpfen (vgl. Wildt 2011). Eine aus-
laufende Schule kann das nicht, weil ihr die
systemische Entwicklungsperspektive fehlt.
Hier bedarf es einer Alternative – in Form des
Fortbildungsprogramms.
Das Fortbildungsangebot
zur Begleitung beim Übergang
Kern des Angebots ist die Bildung einer
Gruppe aller interessierten Lehrkräfte am
Schulstandort, sowohl der auslaufend gestell-
ten Systeme als auch der neuen Schule. Grup-
penziel ist die wechselseitige Unterstützung
bei der heterogenitätsgerechten Gestaltung
des Unterrichts (es geht nicht darum, die
neue Schulform zu entwickeln – dafür bedarf
es anderer Strukturen). Die Ausrichtung auf
Vielfaltsbejahung im Unterricht verlangt spezi-
fische Lehrerkompetenzen. Orientierungspunkt
bei deren Entwicklung ist die in Zusammenar-
beit von MSW und Bezirksregierung erarbeitete
curriculare Basis des Fortbildungsprogramms in
Verbindung mit der jeweiligen Praxis der neu
entstehenden integrierten Schulform.
Die KollegInnengruppe wird von einem/ei-
ner externen ModeratorIn begleitet. Die Gruppe
arbeitet nach einem im TeilnehmerInnenkreis
bestimmten Arbeitsplan. Regelmäßige Treffen
in Workshopform über ein Schuljahr erlauben,
Konzepte und Materialien für heterogenitäts-
gerechtes Lernen zu erarbeiten und zu erpro-
ben. Erfahrungen bei der Umsetzung werden
'Ve
www.nds.gew-nrw.de
p us
für die spezifischen Herausforderungen des
integrierten Schulsystems weiterqualifizieren
oder an eine andere Schule ihrer bisherigen
Schulform versetzen lassen wollen.
Die neuen Schulen sind
neue Systeme
Die Erfahrungen mit Schulentwicklungspro-
zessen, zum Beispiel in Berlin und Schleswig-
Holstein, zeigen: Es ist sinnvoll, den Wandel von
den gegliederten Schulformen zur integrierten
Schulform vor Ort als Gründung eines „neuen
Systems“, also einer neuen Schule zu gestalten.
Die Grundidee des gemeinsamen Lernens aller
Kinder ist ein Paradigmenwechsel. Er verlangt
von jeder Lehrkraft ein Neudenken der Lehrer-
haltung im pädagogischen Prozess. Gerade die
Nähe zweier verschiedener Typen von Schulen
in der Übergangsphase zwingt zu systemischer
Klarheit. Daher bildet die neue Schule ein
neues Kollegium – systemisch gesehen „ster-
ben“ die bisherigen Systeme, und das neue
System baut sich auf. Der Wechsel vom einen
in das andere ist ein großer Schritt – auch wenn
der professionelle Auftrag, jedes Kind so gut
wie möglich zu fördern, bestehen bleibt.
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