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bildung
Internationale Hochschulrankings und ihre Auswirkungen
Das Prinzip der Ungleichheit
Die EUA ist eine Art europäischer Hoch-
schulrektorenkonferenz, die etwa 850 Hoch-
schulen in 47 Ländern vertritt. Im Zentrum
des EUA-Reports aus 2011 stand eine ausführ-
liche Analyse einflussreicher internationaler
Rankings – wie beispielsweise des Shanghai
Rankings oder des Times Higher Education
Rankings (THE). Rankings entfalten unabhän-
gig von ihrer Validität und der anhaltenden
Kritik an ihnen immer mehr eine erhebliche
gesellschaftliche und steuerungspolitische
Wirkung. Sie prägen die politisch-öffentliche
Kommunikation von Hochschulleistungen
ebenso wie die Ressourcenzuteilung durch
die Politik infolge von Rankingplatzierungen.
Mehr Schaden als Nutzen
Das Resümee von 2011 lässt sich in der
Aussage zusammenfassen, dass Rankings
mehr Schaden als Nutzen bewirken: „At pre-
sent, it would be difficult to argue, that
the benefits offered by the information that
rankings provide (...) are greater than he
negative effects of the so-called ‚unwanted
consequences’ of rankings.“ Dafür werden
diskussionswürdige Argumente ins Feld ge-
führt. Die Rankings verengen zunächst den
Kreis international wahrgenommener Univer-
sitäten auf maximal 500. Das sind ein bis
drei Prozent, in Zahlen 200 bis 500, der
insgesamt 17.000 Universitäten weltweit. Die-
se Selektion kommt dadurch zustande, dass
überwiegend (Spitzen-)Forschungsindikatoren
für die Platzierung den Ausschlag geben: Es
dominieren bibliometrische Indikatoren, da
Forschungsproduktivität vor allem anhand
der Anzahl von Aufsätzen sowie der Zitations-
häufigkeit gemessen wird. Die überwiegend
englischsprachigen Fachzeitschriften werden
streng begutachtet und gehören zu den soge-
nannten „high impacted journals“, die in der
Regel im „web of science“ erfasst sind, der
derzeit einflussreichsten Literaturdatenbank.
Strukturpolitisch können diese Rankings
äußerst negative Konsequenzen haben, wenn
Hochschulleitungen vor allen Dingen auf ei-
ne Verbesserung der Performance auf den
Gebieten bedacht sind, die durch die entspre-
chenden Indikatoren gemessen werden. Häu-
fig geht dies dann mit der Vernachlässigung
anderer gesellschaftlicher Aufgaben und Ent-
wicklungspotenziale der Hochschule einher.
Erste Liga: Harvard, Yale und Co.
Fachlich dominieren in den (fast aus-
schließlich) englischsprachigen Veröffentli-
chungen Medizin und Naturwissenschaften.
Nicht nur weil hier die Forschungsaktivität
besonders stark ist, sondern auch weil in den
hinzugezogenen Literaturdatenbanken Geis-
teswissenschaften (humanities) nicht und So-
zialwissenschaften (social sciences) nur gering
Beachtung finden. Schließlich fallen andere
Wissenschaftskulturen und -sprachen sowie
Publikationsformate außerhalb des angelsäch-
sischen Wissenschaftsraums durch den Rost
und bleiben unbeachtet. Zu Letzterem gehören
etwa Buchpublikationen und Sammelbände,
die im Unterschied zu Zeitschriftenaufsätzen
nicht bewertet werden. Folglich stehen auch
an der Spitze der internationalen Rankings
immer die einschlägig Verdächtigen: Harvard,
Oxford, Yale oder Princeton.
Im Kampf um Ressourcen
Der EUA-Ergänzungsreport von April 2013
stellt summarisch eine wachsende Bedeutung
von Rankings für politische Entscheidungen
fest, welche das Bildungssystem betreffen.
Das mag in einem generellen Trend liegen,
immer umfangreichere Datenmengen zu pro-
duzieren und auf deren Grundlage zusätzliche
gesellschaftliche Bereiche dem Wettbewerb
auszusetzen.
Trotz dieser heftigen Kritik stellt die EUA
Ranglisten nicht grundsätzlich infrage. Of-
fenbar deswegen nicht, weil sie diese für
eine unumgängliche wissenschaftspolitische
Realität hält: „Since the emergence of global
rankings, universities have been unable to avoid
national and international comparison (...).“
Die Frage, warum Vergleiche und Transparenz
über einen Wettbewerb erzeugt werden sollen,
der im Kern ein Kampf um ausdrücklich zu
diesem Zweck knapp gehaltene Ressourcen ist,
wird gar nicht mehr gestellt. Die EUA verengt
die politische Alternative auf die Frage nach
„besseren“ Rankings und bleibt so dem Para-
digma des Wettbewerbs verhaftet. Es werden
lediglich die Gegenstände der Konkurrenz
vermehrt.
Die EUA plädiert für Rankings, die die Viel-
falt der Hochschulfunktion von der Qualität
der Lehre, über den Beitrag zur regionalen
Entwicklung bis hin zur wissenschaftlichen
berufsbegleitenden Weiterbildung dokumentie-
ren. Diese und weitere Aufgaben beschreiben
tatsächlich die gesellschaftliche Verantwortung
Erstmals 2003 wurde das sogenannte Shanghai Ranking unter dem
Titel „Academic Ranking of World Universities“ (ARWU) veröffentli-
cht. Seitdem beeinflussen derartige internationale Hochschulrangli-
sten zunehmend den wissenschaftlichen Wettbewerb. Die European
University Association (EUA) reagierte 2011 mit dem „Global Uni-
versity Rankings and their Impact“, einem kritischen 100-seitigen
Ranking-Report. Im April 2013 erfolgte eine Aktualisierung des inter-
nationalen Berichts.
Foto: istpckphoto.com
EUA: Global University Rankings
and their Impact – Report II 2013
EUA: Global University Rankings
and their Impact – Report I 2011
Centre for Higher Education:
Informationen zu U-Multirank
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