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BILDUNG
Fachtagung für HSU-Lehrkräfte
Das hohe Gut der Herkunftssprache
Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse von herkunftssprach-
lichen Lehrkräften und das unklare Profil des Faches im Gefüge der Schulfächer
– das waren die zenralen Themen der Fachtagung „Herkunftssprachlicher Un-
terricht" der GEW NRW. Rund 100 Lehrerinnen und Lehrer für herkunftssprach-
lichen Unterricht und Interessierte trafen sich am 27. Oktober in Düsseldorf,
um sich auszutauschen und gemeinsam Perspektiven für ihr Fach zu entwickeln.
Alle zwei Jahre organisiert der Landesaus-
schuss für multikulturelle Politik (LAMP) der
GEW NRW Tagungen zu Themen rund um
Migration und Schule. In diesem Jahr lud
der LAMP zur Fachtagung „Herkunftssprach-
licher Unterricht“ ein, um im Düsseldorfer
DGB-Haus die Beschäftigungsverhältnisse
von Lehrkräften für HSU und die Stellung des
Faches an Schulen zu diskutieren.
HSU mitdenken!
Wie prekär die Situation des HSU und sei-
ner Lehrkräfte ist, verdeutlichte Prof. Dr. Hans-
Joachim Roth vom Institut für vergleichende
Bildungsforschung und Sozialwissenschaften
der Uni Köln. „Mehrsprachigkeit im Europä-
ischen Konzept – gehört auch die Herkunfts-
sprache dazu?“, lautete die Grundfrage seines
Vortrags, in dem er den kontroversen Diskurs
zum Thema darstellte.
Während empirische Untersuchungen zu
mehrsprachigen Konzepten zeigen, wie wich-
tig es ist, die Herkunftssprache zu fördern
– hier sei auf die Befunde der Evaluation des
KOALA-Projekts hingewiesen –, ist in Europa
eine Gegenbewegung zu beobachten. Roth
spricht von einer puristischen Sprachenpolitik,
die die Hegemonie der jeweiligen Landesspra-
chen betont und kodifiziert. In der EU werden
bei etwa 500 Millionen Einwohnern neben
23 Amtssprachen noch etwa 175 weitere
Sprachen aufgrund weltweiter Zuwanderung
gesprochen. Diese Zusammensetzung zeigt
ganz deutlich: Mehrsprachigkeit muss als
Normalität in der europäischen Gesellschaft
akzeptiert werden – so auch in Deutschland.
Schwierige Lage für HSU-Lehrkräfte
Die anschließende Diskussion verdeutlichte,
dass viele HSU-Lehrkräfte unter der „Stiefkind-
Position“ des HSU leiden. Eine Integration in
das Kollegium wird durch die Beschäftigungs-
verhältnisse kaum ermöglicht. Viele der HSU-
Lehrkräfte arbeiten an einer Stammschule,
müssen allerdings an weiteren Schulen un-
terrichten. Für den Alltag bedeutet dies, dass
HSU-Lehrkräfte an manchen Tagen mehrere
Schulen „abarbeiten" müssen.
Trotz solch schwerer Bedingungen liegt
die Vergütung von HSU-Lehrkräften deutlich
unter der von angestellten Lehrkräften. Auch
hinsichtlich der Eingruppierung gibt es keine
einheitliche Regelung.
Dorothea Schäfer, Vorsitzende der GEW NRW,
wies darauf hin, dass es für HSU-Lehrkräfte
keinen Eingruppierungstarifvertrag gibt, so dass
ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis nicht
vorhanden ist. Sie forderte eine klare Regelung
der Eingruppierung von HSU-Lehrkräften.
Gleichstellung? Fehlanzeige!
Klar wurde vor allem eines: Von einer Gleich-
stellung des HSU mit anderen Fächern kann
nicht die Rede sein. Für einen inklusiven und
gleichwertigen HSU in der Schullandschaft
schlägt Hans-Joachim Roth u.a. vor, das Spra-
chenlernen systematisch in das Curriculum
einzubauen, aber auch die Herkunftssprache
möglichst lange und koordiniert zu fördern.
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oben: Hatice Aksoy-Woinek, didaktische Leiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel; unten v.l.n.r.: Prof. Dr. Hans-Joa-
chim Roth, Institut für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften der Uni Köln; Dorothea Schäfer,
Vorsitzende der GEW NRW.
Fotos: Bert Butzke