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BILDUNG
Mit Gender den Generationenwechsel schaffen
Ein guter Weg für die GEW
Mehr als zwei Drittel der über 155.000 hauptberuflichen Lehrkräfte in NRW sind
weiblich (Stand Nov. 2012). Auch am Gymnasium unterrichten mehr Frauen als
Männer. Der Frauenanteil bei den Mitgliedern der GEW liegt derzeit bei 67 Pro-
zent. Leider hat diese Entwicklung noch keine solche Entsprechung bei der aktiven
Gewerkschaftsarbeit. Noch immer übernehmen Kolleginnen viel zu zögerlich Funk-
tionen in der Gremien- und Personalratsarbeit, insbesondere in Leitungspositionen.
Woran das liegt und welche Abhilfen es gibt, soll ein Genderbericht klären.
Seit unserem Gewerkschaftstag 2002 in
Essen gehört Gender Mainstreaming (GM) für
die GEW NRW zum „Politikkonzept der Orga-
nisationsentwicklung“. Beim DGB und der
GEW Bund ist GM ein satzungsgemäßer Auf-
trag. Während es bei der IG Metall und der
GEW-Bund inzwischen regelmäßige Gender-
berichte gibt, ist in der GEW NRW seit 2002
vergleichsweise wenig passiert.
Ein erster Schritt: Der Genderbericht
Vom Landesfrauenausschuss der GEW NRW
geht nun ein neuer Impuls aus. Ziel ist es,
den gesellschaftlichen Veränderungen, dem
Generationenwechsel, den neuen Kommuni-
kationsstrukturen und den im Bildungsbereich
extrem veränderten Arbeitsbedingungen auch
innergewerkschaftlich Rechnung zu tragen.
Die Bestandsaufnahme ist ein erster
Schritt, um die Organisation zu modernisieren,
den Generationenwechsel erfolgreich zu voll-
ziehen und die Mitgliederwerbung effizienter
zu machen.
Für den Landesgewerkschaftstag im April
2013 bereitet der Landesfrauenausschuss
(LFA) deshalb einen Antrag zur Durchführung
eines Genderberichts vor. Er soll differenzierte
Aufschlüsse über den Status quo der GEW
NRW geben und daraus ableitbare Maßnah-
men zur organisatorischen Weiterentwicklung
zur Verfügung stellen. Uns interessiert z.B.,
wie die individuellen Voraussetzungen bei
jungen Frauen und Männern für ein mög-
liches gewerkschaftliches Engagement ausse-
hen. Welche Erwartungen haben Frauen und
Männer an ihre Gewerkschaft, wo wünschen
sie für sich mehr Unterstützung? Was wissen
junge Männer und Frauen über die Rolle von
Gewerkschaften im gesellschaftlichen Macht-
gefüge oder über Personalratsarbeit?
Berufsstart, Familiengründung und
Ehrenamt – wie ist das zu schaffen?
Insbesondere junge Frauen brauchen mehr
Ermutigung und mehr Vorbilder, um ihre Mitspra-
cherechte auch selber aktiv wahrzunehmen. Als
Gewerkschaft sind wir da ganz besonders in der
Pflicht. Um die persönliche Situation von jungen
Männern und Frauen besser berücksichtigen zu
können, müssen wir uns damit intensiv ausein-
andersetzen.
Warum wählen viele Frauen verstärkt den
Schuldienst für ihre berufliche Zukunft? Über alle
Schulformen hinweg waren 2012 (Stand: 12.09.)
72 Prozent der neu eingestellten Lehrkräfte weib-
lich. Warum verliert der Schuldienst anscheinend
an Attraktivität für junge Männer? Zunehmende
Erziehungsaufgaben, ein angekratztes Image des
Lehrerberufs sowie unzureichende Aufstiegs- und
Verdienstmöglichkeiten mögen Ablehnungsgrün-
de sein.
Frauen sind von der Doppelbelastung Beruf
und Familie weit stärker betroffen als ihre männ-
lichen Kollegen. Davon zeugt z.B. auch ihr hoher
Anteil bei Teilzeitbeschäftigungen. Lässt sich Ge-
werkschaftsarbeit mit den übrigen Anforderun-
gen verbinden? Zusätzlich noch ein Ehrenamt?
Wozu soll das gut sein? Eine Bestandsaufnahme
ist unerlässlich, um Konzepte zu erarbeiten und
Strukturen anzupassen. Wir müssen genau hin-
schauen, wie sich die unterschiedlichen Arbeits-
und Lebensbedingungen von Frauen und Män-
nern auswirken und wo es Anknüpfungspunkte
für ein gewerkschaftliches Engagement gibt. Das
kann der Genderbericht leisten.
Wichtig für die GEW
Für die GEW ist es unumgänglich, sich mehr
als bisher Gedanken zu machen, wie mehr
Frauen aus dem Erziehungs- und Bildungsbe-
reich gewonnen werden können. Es ist überfällig,
Natürlich gendern – was sonst?
Über Gendermainstreaming wissen viele nicht viel, aber die Vorbehalte sind groß. Ein
unhandlicher Begriff aus dem Englischen, der einen komplizierten Inhalt transportiert. Aber
eigentlich ist alles viel einfacher, als es auf den ersten Blick scheint: GM bedeutet, „bei
allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen
von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine
geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.“
Auf der Internetseite des Bundesfrauen- und -familienministeriums (
-
mainstreaming.net) heißt es: „Das Leitprinzip Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet die
politischen Akteure, ihre Entscheidungen so zu gestalten, dass sie zur Förderung einer
tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Ein solches Vorgehen erhöht
nicht nur die Zielgenauigkeit und Qualität von politischen Maßnahmen, sondern auch die
Akzeptanz der Ergebnisse bei Bürgerinnen und Bürgern.“