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nds 5-2012
B e a m t e r u n d u m d e n A r b e i t s p l a t z
Häufige Irrtümer im Arbeitsrecht (1)
Es gibt immer wieder Anfragen zum Arbeitsrecht, die häufig auf
Missverständnissen beim Arbeits- oder auch Sozialrecht beruhen, die
hier ein wenig aufgearbeitet werden sollen. Deshalb starten wir eine
„Reihe Arbeitsrecht” und bringen in loser Folge Beiträge, die die häu-
figsten Unklarheiten oder Irrtümer aufgreifen und klarstellen.
Falsch: „Während eines Krankenscheins kann mir nicht gekün-
digt werden.“
Richtig ist:
Eine Kündigung während einer Arbeitsunfähigkeit/
Dienstunfähigkeit) ist sehr wohl grundsätzlich möglich, nur nicht oh-
ne weiteres wegen der Erkrankung. Sobald das Kündigungsschutzge-
setz gilt (nach sechs Monaten Tätigkeit und bei einem Betrieb mit
mehr als zehn ArbeitnehmerInnen) darf gekündigt werden, wenn Vor-
aussetzungen, die die Rechtsprechung vorgegeben hatten, vorliegen.
Sofern das Kündigungsschutzgesetz noch nicht greift, bedarf die
Kündigung lediglich der Schriftform und der Einhaltung der Kündi-
gungsfrist.
Falsch: „Vor einer verhaltensbedingten Kündigung sind grund-
sätzlich drei Abmahnungen erforderlich.“
Richtig ist:
Ist eine ordnungsgemäße Abmahnung erfolgt und
kommt es in der Folge zu einem erneuten, gleichartigen Pflichtver-
stoß, ist eine weitere Abmahnung grundsätzlich entbehrlich. Als
gleichartige Pflichtverstöße werden z.B. verspäteter Arbeitsbeginn,
unerlaubtes Verlassen des Arbeitsplatzes, unentschuldigtes Fehlen
oder das verspätete Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheini-
gung angesehen.
Falsch: „Nach einer Kündigung steht mir grundsätzlich eine
Abfindung zu.“
Richtig ist:
Es gibt grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf
eine Abfindung nach einer Kündigung. Es kann beispielsweise bei
betriebsbedingten Kündigungen und dem Vorliegen eines Sozialpla-
nes (und auf diesen begründet) einen Abfindungsanspruch geben,
wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt. Ohne Betriebsrat kann es
auch keinen Sozialplan geben. Der Arbeitgeber hat bei einer Kündi-
gung die Möglichkeit, ArbeitnehmerInnen eine Abfindung unter der
Bedingung anzubieten, dass er auf eine Kündigungsschutzklage ver-
zichtet. Auch werden Abfindungen häufig in Auflösungsverträgen
oder in einem gerichtlichen Vergleich ausgehandelt, wenn z.B. die
Kündigung sich als nicht ordnungsgemäß herausstellt, für den/die
ArbeitnehmerIn eine Rückkehr an den Arbeitsplatz unzumutbar ist.
Für all dies gilt jedoch der TIPP: GEW-Mitglieder sollten unbe-
dingt Rechtsrat bei ihrer Gewerkschaft einholen!
Ute Lorenz
DIE
WISSENSECKE
Urteil des OVG Lüneburg/Niedersachsen
Kein eigenes Dienstzimmer für LehrerInnen
Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen haben weder An-
spruch auf ein eigenes Dienstzimmer in ihrer Schule noch
auf Erstattung der Kosten für ihr häusliches Arbeitszim-
mer. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüne-
burg entschieden. Eine Revision ist wegen der grundsätz-
lichen Bedeutung zugelassen.
Hinsichtlich seiner außerunterrichtlichen Tätigkeiten hat ein Lehrer –
anders als andere Beamte – keine Anwesenheitspflicht und nutzt in al-
ler Regel diesen Umstand, die entsprechenden Aufgaben im häuslichen
Arbeitszimmer zu selbstbestimmten Zeiten zu erledigen. Diese Freiheit
könnte durch ein Dienstzimmer in der Schule eingeschränkt werden.
Außerdem ist das Unterrichten im Schulgebäude eine den Beruf prä-
gende Tätigkeit und nimmt den Hauptteil seiner Aufgaben ein. Die Auf-
wendungen für ihre häuslichen Arbeitszimmer sind laut Urteilsbegrün-
dung zumutbar. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass Lehrer die Auf-
wendungen für ihre häuslichen Arbeitszimmer – anders als andere Be-
amte – steuerlich absetzen können.
(OVG Lüneburg, Urteile vom 28.
Februar 2012 –
und
U.L.
swahl.gew-nrw.de +++
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Werbungskosten
Voraussetzungen für Entfernungspauschale
Der Fall:
In den Klagefällen
wählten die Kläger jeweils eine
längere Fahrtstrecke zur Arbeits-
stätte, die jedoch verkehrsgünsti-
ger war und somit schneller zur
Arbeitsstätte führte. Das Finanz-
amt lehnte die entsprechenden
Kilometer ab und setzte jeweils
die kürzeste Strecke an.
Grundsätzlich ist die kürzeste
Entfernung als Berechnungs-
grundlage zu nehmen. Die Entfer-
nungspauschale für eine längere
Verbindung kann nur dann in An-
spruch genommen werden, wenn
diese Verbindung „offensichtlich
verkehrsgünstiger“ ist und vom Ar-
beitnehmer regelmäßig benutzt
wird (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4
EstG.).
In einem Verfahren hatte erst-
instanzlich das Finanzgericht eine
Fahrzeitverkürzung von mindes-
tens 20 Minuten für erforderlich
gehalten. Im anderen Verfahren
wurde vom Finanzgericht eine
tatsächlich nicht benutzte Verbin-
dung als Berechnungsgrundlage
verwendet. Der BFH hat nun klar-
gestellt, dass eine feste Mindest-
zeitersparnis nicht zu fordern ist.
Vielmehr komme es auf alle Um-
stände des Einzelfalls (wie so oft
im Recht) an. Eine Verbindung
könne auch dann „offensichtlich
verkehrsgünstiger“ sein, wenn sie
nur eine geringe Zeitersparnis
Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat in zwei Ent-
scheidungen konkretisiert, unter welchen Voraussetzun-
gen die Entfernungspauschale für einen längeren als den
kürzesten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in
Anspruch genommen werden kann.
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