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BILDUNG
Das pädagogische Personal kann das Be-
wusstsein für Bewegung schärfen. Bewegungs-
anlässe werden gesucht und gefunden, Innen-
und Außenbereiche in den Einrichtungen kön-
nen so gestaltet werden, dass sie zur Bewegung
anregen, multifunktional nutzbares Mobiliar
kann eingeführt, Bewegungsmaterial erweitert,
Bewegungsspiele inszeniert werden.
Über Bewegung erschließen sich Kinder ihre
Umwelt; sie entdecken Neues, erwerben körper-
liche, kognitive und soziale Kenntnisse und ent-
wickeln sich weiter. Die Möglichkeiten, sich aus-
zuprobieren, Raum zur Verfügung zu haben, Be-
wegungssituationen zu gestalten, sollten allen
Kindern zugänglich sein.
Dies ist jedoch nicht immer gegeben. Viele
Kinder wachsen heute in anregungsarmen Um-
gebungen auf: In zu kleinen Wohnungen, in de-
nen der Mediengebrauch an Bedeutung ge-
winnt, in denen zu wenig SpielpartnerInnen
und Material vorhanden sind, kann der Bewe-
gungsdrang der Kinder verloren gehen und
wichtige Erfahrungen aus erster Hand können
auf der Strecke bleiben (Schmidt, 2008, S. 45
ff.) Gegenwärtig benötigt jedes fünfte Kind ei-
ne gezielte Bewegungstherapie.
Physisch und psychisch fit bleiben
durch Bewegung
Damit möglichst viele Kinder durch Bewe-
gung nicht nur physisch, sondern auch psy-
chisch fit werden und bleiben, ist es wichtig, Be-
wegung in die Kindertageseinrichtungen zu
bringen und den Blick auf eine langfristige ge-
sundheitliche Perspektive zu richten.
Über Bewegung kann es gelingen, die Ent-
wicklungspotenziale jedes einzelnen Kindes
bestmöglich zu entfalten. Dieses Fundament
wird in den ersten sechs Lebensjahren aufge-
baut. Der Entwicklungsraum für Kinder ent-
steht jedoch nicht von selbst, er muss sinnvoll
gestaltet werden. Es ist wichtig, den Kindern
Raum zu geben, Impulse zu setzen und durch
eine anregende Umwelt dazu beizutragen, dass
Kinder sich selbst erfahren, ein Gefühl für sich,
ihre Mitmenschen und Umgebung entwickeln.
Den Kindern werden Gelegenheiten gebo-
ten, spielerisch Erfahrungen mit Materialien,
mit SpielpartnerInnen, mit sich selbst machen
zu können und so auch ganz bewusst Neues
zu lernen. „Um diese Ziele zu verwirklichen
(…), ist es zum einen notwendig, die Erziehe-
rinnen für die Bewegungsbedürfnisse der Kin-
der zu sensibilisieren und ihre Kompetenz,
kindgerechte Bewegungsförderung mit den
Kindern durchzuführen, zu steigern. Zum an-
deren muss dafür Sorge getragen werden,
dass den Kindern vermehrt Gelegenheit zu
vielfältigen Bewegungsaktivitäten einge-
räumt wird (…).“ (Krombholz, 2005, S. 14).
Modellprojekt „Kinder bewegen”
In (zertifizierten) Bewegungskindergärten
wird das Prinzip der Bewegungserziehung im
pädagogischen Konzept festgeschrieben und in
der täglichen Durchführung in offenen oder an-
geleiteten Bewegungsangeboten umgesetzt.
Entwicklungspotenziale entfalten
Mehr Bewegung in die Kitas!
In Essen gibt es vier zertifizierte Bewegungs-
kindergärten des Landessportbundes NRW
(Stand Juli 2011). Neben Sonderausbildungen
des pädagogischen Personals (Leitung und eine
pädagogischen Fachkraft besitzen die Übungs-
leiter-B-Ausbildung) sollte jede Einrichtung u. a.
über einen geeigneten Bewegungs- bzw. Mehr-
zweckraum verfügen. Um gerade die Einrichtun-
gen zu erreichen, die nur geringe räumliche und
materielle Möglichkeiten haben und in denen
Kinder mit besonderen Bewegungsbedarf sind,
wird an der Universität Duisburg-Essen das Mo-
dellprojekt „Kinder bewegen“ in Kindertages-
stätten im Essener Norden durchgeführt.
Das Projekt ist auf eineinhalb Jahre angelegt
und hat zwei Schwerpunkte. Zum einen geht es
um die Ausgestaltung der Innen- und Außen-
bereiche mit dem Ziel, multifunktionale, inno-
vative Bewegungsräume zu schaffen, die auch
nachhaltig einen hohen Aufforderungscharak-
ter haben. Zum anderen ist eine Betreuung
durch zwei SportpädagogInnen vorgesehen, die
helfen, die neuen Anschaffungen zu integrie-
ren, die in den Einrichtungen aber vor allem ak-
tiv unterstützend zur Verfügung stehen.
Als Vorbereitung auf das Projekt wird eine
spezielle, auf ErzieherInnen ausgerichtete Fort-
bildung (Basisfortbildung) mit dem Schwer-
punkt Bewegungserziehung durchgeführt. In-
haltlich werden kindliche Entwicklung, elemen-
tare Alltagsbewegungen, Alltagsmaterialien,
Spielen und die Schulung koordinativer Fähig-
Kinder sind von sich aus aktiv und
bewegen sich gern – nicht, weil damit
ihre Muskeln aufgebaut und ihre Gehirn-
funktionen trainiert werden, sondern weil
es schön, lustvoll und spannend ist, zu
springen, zu rennen, zu schaukeln und
sich zu drehen.
(Zimmer, 2006, S. 7).
Carla ist zwei Jahre alt. Sie entdeckt in der Turnhalle ihrer KiTa eine blaue Schaumstoffrolle.
Sie läuft darauf zu und bewegt sie durch den Raum. Sie schiebt und stellt sie auf, rollt und
schmeißt sich darauf, wird von der Rolle weiterbewegt und quiekt vor Freude. Sie rollt sich in
den Nebenraum, fällt, kriecht auf dem Boden weiter. Sie versucht, auf der Rolle zu balancieren.
Sie lernt dabei, dass sie etwas bewegen kann, sie verändert ihre Körperlage, orientiert sich im
Raum, schätzt die Entfernung bis zur nächsten Wand ein. Sie misst ihre Kräfte, stützt sich, ba-
lanciert und hält das Gleichgewicht, sie spannt ihre Muskulatur an und entspannt sich, freut
sich über ihr geglücktes Handeln und steht nach kleinen Stürzen wieder auf. Das alles ist ihr
nicht bewusst und passiert beiläufig. Sie lernt in der spielenden Auseinandersetzung mit dem
Gegenstand und mit sich selbst. Die Spielszene lässt den natürlichen Drang zur Bewegung und
die Lebensfreude von Kindern erkennen.
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