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bildung
Medien in Schule undUnterricht
Medienschule im EntwicklungslandNRW
Mit der Partnerschule imkaum80Kilometer
entferntenNijmegen in denNiederlanden ken-
nen die SchülerInnen und das Kollegium des
Krupp-Gymnasiums ein nahezu perfektes Bei-
spiel im Bereich Medieneinsatz und -bildung:
Dort gibt es eine Computerausstattung, die
den Einsatz der Medien ganz selbstverständ-
lich zur Verfügung hält, einschließlich der Be-
treuung durch vier an der Schule beschäftigte
Techniker. Auch einpaar der niederländischen
KollegInnen trauen sich den Einsatz der Me-
dien in ihrem Unterricht (noch) nicht zu,
aber die Voraussetzungen sind ganz andere.
Von den KollegInnen erntet das Gymnasium
im Ruhrgebiet entweder Unverständnis oder
mitleidige Blicke: Wie kann ein Land mitten
in Europa eine derart wichtige Sache so ver-
nachlässigen?
Wenn sich eine Schule trotz der unzurei-
chenden Unterstützung auf den Weg macht,
um Medienschule zu werden – wie es das
Krupp-Gymnasium tut –, erlauben die vielen
Erfahrungen mit der Zeit tiefere Einblicke in
das strukturelleDilemma.
Wir sindnicht allein
Man ist nicht allein, aber weitestgehend
auf sich selbst angewiesen. Treffen, auf de-
nen Fachleute der Universitäten und Schulen
darüberdiskutieren,wieMedienbildungvoran-
zubringen ist, sind gut besucht. Bei den Schul-
trägern gibt es viel guten Willen und auch
WenndieSchülerInnen vomKrupp-Gymnasium inDuisburg von ihrenAuslands-
jahren zurückkommen und nach ihren Erfahrungen an den Gastgeberschulen
in Sachen Medien gefragt werden, bringen sie es in der Regel auf eine sehr
einfache Formel: Dort gibt es Computer für alle SchülerInnen. Hier leider nicht.
Foto: ohNe22/photocase.de
manch deutliche Expertise. Die Basis aber
bilden Nothaushalte und Haushaltssperren,
was schon einmal Gedanken an ein irgendwie
hilfreiches Vorhalten von Technikerstunden
weitgehend in denBereich der Fantasie rückt.
Wir sindkeineKunden
Schulen sind für Unternehmen prinzipiell
keine Kunden. Bis auf Randbereiche dürfen
nicht sie das Geld ausgeben, sondern unter
anderem nur die Kämmerer der Gemeinden.
AlsKundewirdnur ernstgenommen,wer auch
bezahlen kann. Bezahlt wird aber von staatli-
chenBehörden imBereich derMedienbildung
für Hardware – und zwar wegen der Nothaus-
halte und Sparsamkeitsauflagen – nur das
absolut Günstigste. Notgedrungen sind Kom-
munen aktiv und drücken mit allen Mitteln
die Ausgaben auf einMinimum. Gekauft wird
nicht aktuellste Technologie, gekauft werden
dieAuslaufmodelle. Unternehmen stellen sich
darauf ein. Es fehlen die „Geschäftsmodelle“
für Schulen wegen mangelnder Nachfrage
undGewinnaussichten.
KeineNachfrage
SchultauglicheGeräte und Software in gro-
ßer Stückzahl verkauft man in Singapur, nicht
in Deutschland. Längst hat sich Deutschland
zu einemMarktsegment in jenemBereich ent-
wickelt, in demman in riesigen Technikmärk-
ten an wohlmeinende Omas und Opas vor
Weihnachten schnell einpaar Auslaufmodelle
mit scheinpädagogischer Software für kleines
Geld verramschen kann. Derzeit kommt schul-
taugliche Software eher aus Entwicklungslän-
dern – wie zum Beispiel Open Sankoré – oder
sie ist recht eng begrenzt auf bestimmte Ge-
räte wie Smartboards. Es hat an gutwilligen
Ansätzen vonHerstellern, Softwareschmieden
undVerlagen nicht gefehlt – immer scheiterte
es an der fehlenden Nachfrage. Diese aber
kannweder vondenOmasundOpasnoch von
einzelnen Schulen erwartet werden. Sie muss
durch staatliche Signale erzeugt werden.
LangsamwieSchnecken
Eine Schule, die sich auf den Weg begibt,
findet einenMarkt vor, auf dem sie von vornhe-
rein zuden Losern zählt.Dasbeginnt schon vor
der Schultür: Während ein einzelner Nachbar
der Schulemit Geschwindigkeiten von50, 100
oder200MegabitproSekundedurchs Internet
surft, sind 1.000 SchülerInnen gleichzeitig auf
sechs begrenzt. Wohlgemerkt: Im Zweifelsfall
müssen sie sich die Fußgängergeschwindig-
keit auch noch auf weniger als ein Schnecken-
niveau teilen, während der Nachbar allein
selbstverständlich auf der Autobahn fährt.
Fotos: Gandelheid/fotolia.com
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