3
nds 11/12-2012
Dr. Andreas Keller
leitet den Vorstandsbereich
Hochschule und Forschung
beim GEW-Hauptvorstand.
Lange und steinige Karrierewege, immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Vertragslaufzeiten
– diese Missstände prangert die Bildungsgewerkschaft GEW seit zwei Jahren mit der Kampagne
Templiner Manifest an. Auf einen Dauervertrag mit wissenschaftlichen Angestellten an Hochschulen
kommen mittlerweile acht Zeitverträge – mehrheitlich mit einer Laufzeit von unter einem Jahr. Das
ist nicht nur unanständig gegenüber den betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Auch die Kontinui-
tät und die Qualität von Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement leidet, wenn Beschäftigte
nach dem Hire-and-Fire-Prinzip ausgewechselt werden.
Unsere Vision ist der „Traumjob Wissenschaft“, so das Motto des Templiner Manifests, die wir mit
einer umfassenden Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung
Wirklichkeit werden lassen wollen. Das Templiner Manifest war ein Weckruf: für viele Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler, die ihre Situation reflektieren, sich in der GEW organisieren und für
Reformen eintreten, aber auch für Wissenschaftsorganisationen, Politikerinnen und Politiker in Bund
und Ländern, die Maßnahmen zur Reform von Karrierewegen und zur Stabilisierung von Beschäf-
tigungsbedingungen in der Wissenschaft in Aussicht prüfen und teilweise in Aussicht ausstellen.
Gefragt sind dabei auch die Hochschulen und Forschungseinrichtungen selbst. Ihre Gestaltungs-
spielräume waren noch nie so groß wie heute: Die Länder haben die Hochschulautonomie immer
weiter ausgebaut, der Bund hat die Eigenverantwortung der außeruniversitären Forschungsein-
richtungen durch das „Wissenschaftsfreiheitsgesetz“ gestärkt. Die Arbeitgeber in der Wissenschaft
müssen jetzt unter Beweis stellen, dass sie mit ihrer Autonomie verantwortungsvoll umgehen und
die gewonnenen Gestaltungsspielräume nutzen, um attraktive Karrierewege und Beschäftigungsbe-
dingungen zu schaffen.
Die GEW empfiehlt daher Hochschulen und Forschungseinrichtungen, sich selbst in einem Kodex
zur Schaffung stabiler Beschäftigungsbedingungen und berechenbarer Karrierewege zu verpflichten.
Auf ihrer 6. Wissenschaftskonferenz im September 2012 in Herrsching am Ammersee hat die GEW
dafür einen konkreten Vorschlag gemacht: den Herrschinger Kodex „Gute Arbeit in der Wissen-
schaft“.
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollten demnach beispielsweise Mindestlaufzeiten
für befristete Beschäftigungsverhältnisse garantieren. Dauert eine Promotion vier Jahre, müssen
auch die Doktorandinnen und Doktoranden einen Vierjahresvertrag bekommen. Werden Drittmittel
für drei Jahre eingeworben, sollten auch die Arbeitsverträge über drei Jahre laufen. Weitere Vor-
schläge des Herrschinger Kodex zielen auf eine bessere Betreuung der von Doktorandinnen und
Doktoranden, berechenbare Perspektiven für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
(Postdocs) sowie die familienfreundliche Gestaltung von Karrierewegen. Wir erwarten, dass die fa-
milienpolitische Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in jedem Einzelfall angewandt
wird, also die Zeitverträge mit Beschäftigten, die Kinder betreuen, verlängert werden.
Mit dem Herrschinger Kodex zeigt die GEW, was jede einzelne Hochschule und Forschungsein-
richtung schon heute leisten kann, um attraktive Arbeitsplätze für ihre Beschäftigten zu bieten und
sich so als exzellenter Arbeitgeber zu profilieren. In diesem Sinne ist der Herrschinger Kodex ein
Werkzeugkasten zur Umsetzung des Templiner Manifests an Hochschulen und Forschungseinrich-
tungen und ein wichtiger Baustein zur Verwirklichung des „Traumjobs Wissenschaft“ – das Beste
kommt erst noch!
Weitere Informationen sind im Internet unter
und
-
manifest.de zu finden.
Dr. Andreas Keller
Das Beste kommt erst noch!
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,...40