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Dorothea Schäfer
Landesvorsitzende
GEW NRW
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Arbeitsplatz
„Priorität für Bildung" – gültig nur bis 2015?
Droht ein drastischer Stellenabbau in den Schulen?
In der Regierungserklärung klingt das so:
„Und weil Bildung ein zentraler Bestandteil
unserer Politik der Zukunftssicherung und
Armutsvorbeugung ist, werden wir hier auch
weiter investieren. Die Schülerzahlen werden
in den kommenden Jahren zurückgehen. Also,
so könnte man schließen, brauchen wir auch
weniger Lehrerinnen und Lehrer. In NRW wä-
ren das rund 8.000 allein von 2012 bis 2015.
Aber genau diesen Schluss ziehen wir nicht.
SPD und Grüne in NRW haben einen Koalitionsvertrag für die Jahre 2012 bis
2017 geschlossen. Darin wurde festgelegt: „Durch rückläufige Schülerzahlen
frei werdende Ressourcen werden im System Schule systematisch für pädago-
gische Innovationen und Qualitätsverbesserungen sowie notwendige Weiter-
entwicklungen genutzt, z.B. für die Verbesserung der Unterrichtssituation etwa
durch kleinere Lerngruppen, die Umsetzung der Inklusion und des Schulkon-
senses." Schlüssig, wenn wir uns die Aussagen im Wahlkampf in Erinnerung
rufen. Inzwischen wird eine Jahreszahl eingefügt, die die Aussage geradezu in
ihr Gegenteil verkehrt. Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann geben nur noch
eine „Bestandsgarantie" bis zum Jahr 2015.
Wir werden die frei werdenden Ressourcen
nicht streichen, sondern für noch bessere
Bildung einsetzen. Dazu zählen kleinere Lern-
gruppen, ein wohnortnahes Grundschulange-
bot, ein inklusives Bildungssystem, der Ganz-
tag sowie mehr Chancen für jedes Kind durch
individuelle Förderung und Unterstützung.“
8.000 Stellen gesichert, 13.000 gestrichen?
Im März 2012 hat Schulministerin Sylvia
Löhrmann an den Ausschuss für Schule und
Weiterbildung des Landtags geschrieben und
die sog. Demografiegewinne beziffert. Die
voraussichtlichen demografischen Effekte im
Schulbereich in den Jahren 2012/13 bis
2023/24 sind in der Tabelle (s.u.) aufgeführt.
Ein weiterer Effekt von 2.300 Stellen ergibt
sich im Jahr 2013 auf Grund der Verkürzung
des gymnasialen Bildungsgangs (Wegfall des
Doppeljahrgangs).
Bis zum Ende der jetzigen Legislaturperiode
werden also nun – legt man diese Berech-
nungen des MSW zu Grunde – mindestens
4.200 Stellen politisch zur Disposition gestellt;
betrachtet man den Gesamtzeitraum sind es
fast 13.000 Stellen. Wenn in der Presse derzeit
von einem „Sparvolumen" von 650.000.000
Euro jährlich die Rede ist, wird auch diese
Zahl zu Grunde gelegt (50.000,- Euro pro
Stelle x 13.000 Stellen = 650.000.000,- Euro).
In der Politik kursieren noch höhere Zahlen.
Ein sog. Effizienzteam soll(te) der Landesregie-
rung Sparvorschläge unterbreiten – der Schul-
denbremse sei Dank. Nun gibt der Finanzminister
in einem Schreiben an den Haushalts- und
Finanzausschuss einen Zwischenbericht. Erschre-
ckend: „Allein im Hinblick auf sinkende Schü-
lerzahlen stellt der Schulbereich den Verwal-
2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 2020/21 2021/22 2022/23 2023/24
Summe
–1.300 –2.500 –5.000 –7.700 –10.000 –11.900 –13.300 –14.900 –15.900 –17.000 –17.600 –18.500
jährlich
–1.300 –1.200 –2.500 –2.700 –2.300 –1.900 –1.400 –1.600 –1.000 –1.100 –600 –900
Demografische Effekte im Schulbereich 2012/13 bis 2023/24
tungszweig, mit den größten prognostizierten
Demografiegewinnen dar. Nach Feststellung
des Beratungsunternehmens PriceWaterhouse-
Coopers, das vom Finanzministerium beauftragt
wurde, um ausgewählte Aufgabenbereiche auf
mögliche Finanzminderbedarfe zu untersuchen,
ergeben sich im Zeitraum bis 2020 Demogra-
fiegewinne von annähernd 1,4 Milliarden Euro.
Davon entfallen rund 1,25 Milliarden Euro auf
den Schulbereich; diese sollen nach der Ent-
scheidung der Landesregierung bis zum Jahre
2015 einschließlich (rund 750 Millionen Euro)
im Bildungssystem verbleiben."
Fatale Folgen
Jedem, der Schule kennt, muss klar sein,
dass ein solcher Stellenabbau fatale Fol-
gen hätte. Die notwendigen Belastungssen-
kungen für Lehrerinnen und Lehrer wären
nicht mehr möglich, Reformen chronisch un-
terfinanziert. In der zitierten Information an
den Landtagsausschuss wird zum Beispiel
benannt, dass allein die Umsetzung des Schul-
konsenses mehr als 6.000 Stellen aus der
Demografierendite erfordern wird. Die Um-
setzung der Inklusion ist noch nicht beziffert.
Wird hier das Ende der „Priorität für Bil-
dung" eingeläutet?
Dorothea Schäfer
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