Kinderarbeit ist ein Problem der Entwicklungsländer? Irrtum. Sie findet zwar vor-
wiegend (nicht ausschließlich!) dort statt, aber politischer und wirtschaftlicher
Druck aus den westlichen Industriestaaten tragen ihren Teil bei. Wo liegt ihre
Verantwortung? Und welche Rolle spielen die Gewerkschaften?
D
ie Krise des Finanzmarktes löste 2008 nachhaltige Fol-
gen für die Politik weltweit aus, die bis heute zu spüren
sind. Fast überall wird das Diktat der Haushaltskonso-
lidierung zum Maßstab der Politik, fast überall werden
öffentliche Ausgaben drastisch gekürzt.
Das Recht auf Bildung bleibt ein Lippenbekenntnis
I
nsbesondere öffentliche Investitionen in Bildung und
soziale Projekte bleiben auf der Strecke. Die Politik der
Troika – bestehend aus Weltbank, Internationalem Wäh-
rungsfond und EU – spricht hier eine klare Sprache: Lip-
penbekenntnissen zur Umsetzung des Rechts auf Bildung
stehen reale Kürzungen von Bildungsausgaben durch die
Weltbank gegenüber. Standen in 2010 noch rund 59 Mil-
liarden US-Dollar für Bildung bereit, waren es 2011 rund
16 Milliarden weniger. Nach einer zweiten Kürzungswelle
sind lediglich noch 35 Milliarden US-Dollar für Bildung
vorgesehen.
D
as ist politisch gewollt und es gibt Alternativen, denn
gleichzeitig werden weltweit rund 1,6 Billiarden US-Dol-
lar für Rüstung ausgegeben. Ein Bruchteil davon würde
ausreichen, um das Millenniumsziel öffentlichen Grund-
punktlandung 2012.2
Bildung statt Kinderarbeit
schulbildung für alle Kinder weltweit bis 2015 zu garan-
tieren. Fehlender politischer Wille und die ökonomische
Profitgier vereiteln jedoch die Erreichung dieses Ziels.
Die Jagd nach Profiten tragen Unternehmen auf dem
Rücken der ArbeitnehmerInnen aus: Immer schnel-
ler und billiger soll produziert werden, denn Ar-
beitskosten sind Kostentreiber – so wird es uns
zumindest vorgegaukelt. Auf der Suche nach
billigen Arbeitskräften greifen Arbeitgebe-
rInnen auf Kinderarbeit zurück.
Verhängnisvoller Kreislauf
W
eltweit arbeiten mehr als 215 Milli-
onen Kinder im Alter zwischen 5 und
17 Jahren. Über die Hälfte von ihnen
verrichtet besonders gefährliche Formen
der Arbeit für Billiglöhne, riskiert bei ihrer
Arbeit ihr Leben durch den Einsatz gesund-
heitsschädlicher Stoffe oder fehlende Arbeits-
sicherheit. Sie sind gefangen in einem Kreislauf
aus Armut, Unterdrückung und Ausbeutung. Nur wenigen
Kindern gelingt es neben der Arbeit an Bildung zu partizi-
pieren. Sie werden ihrem Recht auf Bildung und damit der
Aussicht auf bessere Lebensbedingungen beraubt.
I
n vielen Ländern existiert das Recht auf Bildung zudem
nur auf dem Papier. Häufig ist das öffentliche Bildungs-
wesen drastisch unterfinanziert. Katastrophale Zustände
von Schulgebäuden, überfüllte Klassen und schlecht
qualifizierte, unterbezahlte LehrerInnen sind oft die Fol-
gen, die den verhängnisvollen Kreislauf von fehlender
Bildung, Armut und Kinderarbeit anheizen.
National und global aktiv werden!
D
ie Geißel der Kinderarbeit hat vielschichtige Ursachen
und muss daher auf verschiedenen Ebenen bekämpft wer-
den. Was wir brauchen, ist eine klare Entscheidung für die
Einhaltung von Standards guter Arbeit und fundamenta-
ler Gewerkschaftsrechte. Diese Bedingungen müssen ver-
bindlich für alle Abkommen der Welthandelsorganisation
(WTO) und Einzelstaaten sein. Unser Engagement ist na-
tional und global dringend notwendig!
W
eltweit beziehen Gewerkschaften eindeutig Position
gegen das herrschende neoliberale Paradigma. Auf dem
letzten Weltkongress der Gewerkschaften in Vancouver
2010 haben sie einen klaren Beschluss gefasst: „Der Kon-
Die GEW hat im Kampf gegen Kinderarbeit einen ersten
Schritt gemacht: Im Frühjahr 2011 haben wir die Stiftung Fair
Childhood ins Leben gerufen. In Nord-Süd-Partnerschaften
soll Kinderarbeit (z. B. auf Baumwollfeldern im südlichen Indi-
en) bekämpft und das Recht auf Bildung verwirklicht werden.
Die GEW hat darüber hinaus zahlreiche Möglichkeiten zur
aktiven Unterstützung. Wir können viele Menschen erreichen
und sie sowohl über konkrete Geschehnisse wie auch über glo-
bale Zusammenhänge informieren. Wir haben die Möglichkeit
Kinderarbeit und Kinderrechte im Unterricht und in Projekten
zu thematisieren. Wir von der GEW haben dazu gerade die
Bildungseinrichtungen in Deutschland zum Ideenwettbewerb
„Kinderarbeitsfreie Zone“ aufgerufen.
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