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nds 10-2012
Dietrich Mau
Fachgruppe Berufskolleg
der GEW NRW
Ansgar Klinger
Fachgruppe Berufskolleg
der GEW NRW
Ein großes Problem wird klein geredet
Die geplante APO-BK reduziert nun das Pro-
blem durch eine schlichte Umwidmung von
Bildungsgängen. Der Bildungsgang Berufs-
vorbereitungsjahr wird begrifflich eliminiert
und einer zweifelhaften Neukonstruktion der
Berufsfachschule zugeschlagen. Für den ver-
bleibenden Rest wird der Begriff Ausbildungs-
vorbereitung gewählt, die nun als Typ A (Be-
rufskolleg plus Träger) und Typ B (BK plus Prak-
tikum) erscheint. Beide Typen existieren schon
heute mit fragwürdigen Organisationsformen
und Ergebnissen. Neu wäre die schlichte und
auch unbegründete Abschaffung des vollzeit-
schulischen Bildungsgangs Berufsorientierung
– Jugendliche, die bisher diesen Bildungsgang
besucht haben, werden in Zukunft auf den Typ
A oder B verteilt. Bleibt also festzustellen: Die
SOFI-Expertise vernachlässigt bzw. ignoriert
weite Teile der Ausbildungsvorbereitung und
leistet damit der Entdramatisierung eines gro-
ßen berufsbildungspolitischen Problems Vor-
schub. Hilfreich wäre ein Blick in die Geschich-
te der Berufsorientierung, d.h. ein Rückgriff auf
die Etablierung des Berufskollegs gewesen.
Was also ist das Neue?
Neu ist die Kleinrechnung der Ausbildungs-
vorbereitung, vor allem aber die Übertragung
der Berufsorientierung in die Sekundarstufe I.
Neu ist jedenfalls nicht die Struktur und Be-
setzung der KSOB-Klassen. Dieser – bislang
so wenig effiziente – Bildungsgang dient,
geringfügig angereichert, tatsächlich als Folie
für die „neue“ Ausbildungsvorbereitung.
Schon jetzt lassen sich klare Widersprüche
aufzeigen zwischen den Befunden und Emp-
fehlungen der Studie und der Entscheidung der
Landesregierung, 500 (!) Stellen in der Schulform
Berufskolleg wegen der durch verbesserter Berufs-
vorbereitung entstehenden „Präventionsrendite“
mittelfristig zu streichen.
A.Klinger/D. Mau
Die Studie kommt zu folgenden Befunden und Empfehlungen hinsichtlich der
Ausbildungsvorbereitung
Aspekt
Befunde
Empfehlungen
Entwicklung der
Rückläufige Anzahl Jugendlicher
Ortsnahe, leicht erreichbare
Schülerzahlen sowie
mit besonderem Förderbedarf
Ausbildungsvorbereitung unter
Angebotsstruktur
aufgrund demographischer
Berücksichtigung von Verbundlösun-
Entwicklung und verbesserter
gen und Ausbildungsnetzwerken
Berufsorientierung
Institutionelle
Erhebliche ressourcen- und
Institutionalisierung und
Differenzen in der
konzeptbedingte Qualitäts-
Professionalisierung der
Durchführung der
differenzen zwischen den
Ausbildungsvorbereitung
Ausbildungsvorbereitung Berufskollegs
in den Berufskollegs
Didaktik und Methodik
Vermittlung von Doppel-
Outcome-Orientierung (vermittelte
der Ausbildungsvor-
qualifikationen (allgemein-
Kompetenzen) statt Input-
bereitung
gemeinbildender Abschluss
Steuerung (Stundentafel);
und berufliche Qualifikationen)
Experimentierklausel für ausbildungs-
stößt auf Probleme vorgegebener
integrierte Kompetenzfeststellungen;
Regelungen und verfügbarer
zertifzierbare Qualifizierungs-
Ressourcen
bausteine;
individualisierte Zeitpläne
Differenzierung und
Zu vereinheitlichendes
Handlungsspielräume und
Homogenisierung der
Ausbildungsvorbereitungsjahr
Ressourcen für interne Differenzie-
Ausbildungs-
schränkt Handlungsspielräume
rung in Kleingruppen und unter-
vorbereitung
der Unterrichtsgestaltung ein
schiedliche Zeiträume zur Erreichung
der Ausbildungsziele
Rolle und Sicherstellung
Ganzjährige Praktika werden
Verpflichtung der Betriebe zur
der Praktika
organisatorisch, pädagogisch
Bereitstellung der Praktika;
und didaktisch hinterfragt
ständige Arbeitsgemeinschaften von
BK-LehrerInnen und betrieblichen Aus-
bildungsverantwortlichen zur Umset-
zung von Qualifizierungsbausteinen
Kooperation mit anderen
Kaum gesicherte institutionelle
Verbindliche Rollenklärung der
an der Berufsvorbereitung Kooperationsmuster sowohl mit
Träger und der Arbeitsverwaltung;
beteiligten Organisationen abgebenden Schulen als auch mit
Klare Verantwortlichkeiten des Aus-
Trägern der Berufsvorbereitung
bildungsvorbereitungskonzepts unter
Federführung der Berufskollegs
Professionalisierung und
Unzureichende psychologisch-
Aufnahme des professionellen
Professionalität
diagnostische sowie sozial- und
Kompetenzprofils der Berufsvorbe-
sonderpädagogische Kompetenzen reitung in die Ausbildung der Berufs-
der BerufskolleglehrerInnen
und WirtschaftspädagogInnen;
zusätzliche Angebote Sozial- und
Sonderpädagogik in der beruflichen
Bildung;
kurzfristig verstärkter Einsatz von
Sozial- und SonderpädagogInnen
Organisations- und
Von den Beteiligten wird eine
Demographische Rendite fällt geringer
Ressourcenmanagement
Erweiterung der Ressourcen sowie als zunächst kalkuliert aus und
der Dispositionsspielräume für
sollte Verbesserungen im Bildungs-
deren Einsatz zur Aufgaben-
und Ausbildungssystem dienen;
erfüllung eingefordert
begrenztes, gezielt erhöhtes Investment
in Ausbildungsvorbereitung;
dem erhöhten Zeitbedarf entsprechen-
der Personalschlüssel
Einführung neuer
Unklarheiten des dualisierten
Einführung des Ausbildungsvorberei-
Ausbildungsvorbereitung Ausbildungsvorbereitungsjahres
tungsjahres in Form einer dreijährigen
als Prozess
sind nicht bis August 2013 zu
Experimentierphase für die Berufs-
beheben
kollegs mit wissenschaftlicher Evaluation