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nds 10-2012
wendige, zusätzliche Ressourcen an die Schule
kommen. Solange das nicht klar geregelt ist,
müssen die Schulen weiterhin die Möglichkeit
haben, einen Antrag auf sonderpädagogische
Förderung zu stellen.
Zu große Klassen
Die einzige Aussage zur Größe von Klassen
wird für die Sekundarstufe I gegeben. Die
mögliche Begrenzung der Klassengrößen ist
ein nötiger Schritt, den die GEW schon mehr-
fach für die integrativen Lerngruppen, aber
auch für den Gemeinsamen Unterricht in der
Grundschule, im Berufskolleg und in der Gym-
nasiale Oberstufe gefordert hat. Die Regelung
ist nicht weitgehend genug, da im Durch-
schnitt aller Parallelklassen der jeweilige Klas-
senfrequenzrichtwert nicht unterschritten wer-
den darf und die Klassengrößen nach wie vor
an die Verordnung zur Ausführung des § 93
Abs. 2 Schulgesetz gebunden sind.
Konkret wird geregelt, dass z. B. bei einer
vierzügigen Gesamtschule bei der Aufnahme
von acht Kindern mit festgestelltem son-
derpädagogischem Förderbedarf und einer
Zuordnung zu zwei Klassen diese Klassen auf
26 Schülerinnen und Schüler begrenzt werden
können. Die anderen beiden Klassen müssen
30 Schülerinnen und Schüler aufnehmen, um
den Klassenfrequenzrichtwert 28 einzuhalten.
Diese Klassen sind viel zu groß, um alle Kinder
individuell fördern zu können. Entsprechende
Regelungen für die Grundschule bzw. die
gymnasiale Oberstufe oder das Berufskolleg
fehlen vollständig.
Die GEW fordert: 20 – 5 – 2
Insgesamt erwartet die GEW, dass es be-
züglich der notwendigen Ressourcen nicht nur
einen Verweis auf „den Haushalt“ gibt.
Parallel zur Schulgesetzänderung muss ge-
nauer geklärt werden, wie die Steuerung der
zusätzlichen Stellen in Zukunft gedacht ist,
welche Klassengrößen in den inklusiv arbei-
tenden Klassen vorgesehen sind und wie die
Ausstattung der allgemeinen Schulen mit Son-
derpädagoginnen und -pädagogen aussehen
soll. Unsere Forderung ist klar: 20 – 5 – 2 heißt
übersetzt: Maximal 20 Kinder in einer Klasse,
davon maximal 5 mit sonderpädagogischem
Förderbedarf und mit einer Doppelbesetzung
(allgemeine Lehrkraft und Lehrkraft für Sonder-
pädagogik), die im Team arbeiten.
Kompetenzzentren werden aufgelöst
In den Übergangsvorschriften wird verfügt,
dass die Kompetenzzentren für die sonder-
pädagogische Förderung spätestens zum 31.
Juli 2014 aufzulösen sind. Damit wird der
Schulversuch in den 50 Pilotregionen beendet.
Aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergibt
sich lediglich, dass die Kompetenzzentren „ei-
ne 'Türöffner-Funktion' entwickelt haben" und
„Kernelemente des Schulversuchs" in ein inklu-
sives Schulsystem übertragen werden könnnen.
Schlechtere personelle Ausstattung
senkt die Qualität
Die integrativen Lerngruppen können letztma-
lig zum Schuljahr 2013/2014 gebildet werden
und genießen – auslaufend – Bestandsschutz.
Damit entfällt in Zukunft die klare Vorgabe
der im entsprechenden Erlass geregelten Per-
sonalausstattung. Es ist zu befürchten, dass
sich damit die – auch jetzt bereits zu knappe
Ressourcenzuweisung – weiter verschlechtert.
Inklusion ohne die notwendige personelle und
materielle Ausstattung der Schulen ist zum
Scheitern verurteilt.
Die Rahmenbedingungen müssen den
Anforderungen Rechnung tragen
„Inklusion heißt: Schmetterlinge im Bauch.“
Dazu ein Bild eines verliebten jungen Pär-
chens, der Junge im Rollstuhl. Mit dieser
und ähnlichen Anzeigen wirbt die „Aktion
Mensch“ dafür, dass gemeinsames Lernen
von Menschen mit oder ohne Behinderung
selbstverständlich wird. „Inklusion – wenn
ein pädagogisches Konzept zur Burn-out-Falle
wird" – so der Titel eines Newsletters einer
psychosomatischen Klinik, der kürzlich an die
Schulen in NRW verschickt worden ist.
Als Gewerkschaft für Erziehung und Wis-
senschaft setzen wir uns dafür ein, dass die
gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen und das gemeinsame Ler-
nen immer selbstverständlicher werden. Wir
fordern aber gleichermaßen, dass nicht die
Lehrkräfte in den Schulen den Preis durch eine
zu hohe Belastung bezahlen – und auch nicht
die Schülerinnen und Schüler mit fehlender
Förderung. Damit der Paradigmenwechsel hin
zu einer inklusiven Schule gelingt, müssen
die Rahmenbedingungen den Anforderungen
Rechnung tragen.
Wenn die Schulministerin im Gesprächs-
kreis Inklusion am 1. Oktober 2012 formuliert:
„Wer etwas verändern will, sucht Wege. Wer
nichts verändern will, sucht Gründe“ , dann fü-
ge ich hinzu: Wer will, dass eine Veränderung
gelingt, schafft Bedingungen, die der neuen
Situation gerecht werden!
Dorothea Schäfer
GEW-Landesvorsitzende NRW