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BilduNg
Kommunale Schulfinanzierung
Ein Problem kommt selten allein
zu den kommunalen Bildungsaufga-
ben gehört längst viel mehr als die
reine Verwaltung von Schule. die
Kommunen tragen vor Ort die Verant-
wortung für Bildungsgerechtigkeit,
Teilhabe undQualität. doch nicht sel-
ten sind die handlungsmöglichkeiten
von Städten und gemeinden durch
knappeKassenlagenbegrenzt.
Inder schulischenGanztagsbetreuungsowie
in der Sprach- und Entwicklungsförderung neh-
men Kommunen zunehmend Aufgaben wahr,
die den Folgen ungünstiger Ausgangslagen
vonKindernund Jugendlichenaus schwierigen
Milieus entgegenwirken können. Und auch die
Kooperationen von Schul-, Jugend- und Sozial-
hilfeträgern tragen maßgeblich dazu bei, dass
die Kommunen inzwischen deutlich weitrei-
chendere Aufgaben erfüllen als ein klassischer
Schulträger. Aktuelle Entwicklungen weisen al-
lerdings darauf hin, dass die Spielräume vieler
Städte und Gemeinden, das Bildungsangebot
und Investitionen in Bildung an die Situation
vor Ort anzupassen, durch die schlechte Haus-
haltslage zunehmend beschränkt sind.
Zusatzaufgaben schwer zu stemmen
Mit kommunalenAusgaben von rund 1.000
Euro je Grundschüler gehört Nordrhein-Westfa-
len imGrundschulbereich zwar zu den Spitzen-
reitern imLändervergleich (ohne Investitionen),
regional variieren die Ausgaben aber zum Teil
erheblich. Dennoch kann auf Basis verfügbarer
Finanzstatistiken bisher nicht nachgewiesen
werden, dass finanzschwache Kommunen und
Kommunen in der Haushaltskonsolidierung
grundsätzlich weniger Geld für Bildung ausge-
ben. Das trifft in erster Linie auf die üblichen,
jährlichwiederkehrenden Schulträgeraufgaben
zu – etwa die Unterhaltung der Schulgebäude
und die Schülerbeförderung –, denn hier grei-
fen letztlichmit Schulpauschale und Schlüssel-
zuweisungen die Mechanismen des kommu-
nalen Finanzausgleichs.
Anders verhält es sich, wenn es um Investi-
tionen und die – unter Umständen kurzfristige
– Finanzierung zusätzlicher Aufgaben geht. Je
schwieriger die Haushaltslage und je knapper
dieMittel, destoweniger Spielräumehabendie
pus
Wuppertaler institut für bildungs-
ökonomische forschung: aktuelle
projekte
StädtetagNRW: Mögliche kommu-
nale folgekostender umsetzung
der inklusion im Schulbereich in
Nordrhein-Westfalen amBeispiel
der Stadt Essenunddes Kreises
Borken
dr. alexandra Schwarz
Wuppertaler Institut für bildungs-
ökonomische Forschung (WIB)
Kontakt:
Schulträger, auf neueAnforderungen zu reagie-
ren. Der Sparzwang führt hier dazu, dass Kom-
munen ihre freiwilligen Leistungen im sozialen
Bereich stark einschränken. Die weitere Finan-
zierung der Schulsozialarbeit nach Auslaufen
der Bundesmittel und die notwendigen kom-
munalen Leistungen bei der Entwicklung eines
inklusiven Schulsystems sind nur zwei aktuelle
Beispiele. Verstärkt wird die prekäre Situation
noch dadurch, dass Bedarfe der Kinder und Ju-
gendlichenan zusätzlicher Förderung vor allem
in strukturell schwachen Städten und Gemein-
denmit ohnehin hohen Soziallasten auftreten.
Handlungsoptionen
Vor dem Hintergrund der Schuldenbremse
dürfte der Ruf nach einem generellen „Mehr“
anMitteln für Bildung wenig zielführend sein.
Vielmehr sollte konsequent danach gefragt
werden, wie die vorhandenen Mittel gerecht
verteilt undeffizient eingesetztwerden können.
Im öffentlichen Bereich sind die Anreize der-
zeitiger Verteilungsmechanismen zu hinterfra-
gen, denn hier „belohnt“ der Schüleransatz des
kommunalen Finanzausgleichs in NRW jene
Kommunen, die bereits ein gut ausgebautes
Ganztagsangebot haben.
Die Ergebnisse bildungsökonomischer For-
schung legen zudem nahe, dass die Politik die
frühkindliche und frühe schulische Bildung
stärker fokussieren sollte. Investitionen in die-
se Bereiche zahlen sich in besonderem Maße
langfristig aus, da sie die Bildungs- und Ent-
wicklungschancen der Kinder nachhaltig ver-
bessern können. Eine solche Umverteilung der
Mittel bei gleichbleibendem Budget bedeutet
aber auch, dass in späteren Bildungsabschnit-
ten der private Sektor und das Individuum
selbst mehr in Bildung investieren müssen,
etwa in Form von Studiengebühren. Gleichzei-
tig sollten Länder und Kommunen prüfen, ob
die Mittel effizient eingesetzt werden, denn
bislang sind wissenschaftlich fundierte Evalu-
ationen die Ausnahme – obwohl sie anzeigen
können, welche Maßnahmen und Programme
besonders wirkungsvoll sind. So könnten nicht
nur die Akteure vor Ort voneinander lernen
und Entscheidungen transparenter werden.
Es würde uns auch dem Ziel eines gerechten
Bildungssystems einen entscheidenden Schritt
näher bringen.
Alexandra Schwarz
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