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nds 2-2014
Qualität in der Kita zahlt sich aus
Es sind die ersten Jahre, die entscheiden: Unser Wissen und Können, unsere soziale Kompe-
tenz haben ihren Ursprung in unserer frühen Kindheit. Die Kita ist deshalb die erste Instanz,
die entgegenwirken kann, wenn Bildungs- und Entwicklungschancen aus dem Gleichgewicht zu
geraten drohen.
In seinen ersten Lebensjahren lernt ein Mensch nicht nur außerordentlich viel, sondern auch
besonders leicht und schnell. In dieser Zeit entsteht das Fundament, auf dem alles Weitere
aufbaut; weit vor der Schule entwickeln sich die Sprache(n), die Bewegungsmöglichkeiten, die
sozialen Kompetenzen und das Verständnis für Sachzusammenhänge verschiedenster Art. Kleine
Kinder erweitern aber nicht nur in Höchstgeschwindigkeit ihr Wissen und ihr Können, sondern
auf der Grundlage dieser Lernerfahrungen und der damit verbundenen Erfolge auch Bereitschaf-
ten – zum Beispiel einen konstruktiven Umgang mit Misserfolgen oder die Bereitschaft, sich auf
neue Herausforderungen überhaupt einzulassen. Dadurch wiederum entwickeln sich die Ein-
stellungen, auf die es letztlich ankommt: insbesondere Neugier als Grundlage für lebenslanges
Lernen, ein positives Selbstbild, Selbstvertrauen, Widerstandsfähigkeit und Zielstrebigkeit.
Nichts dem Zufall überlassen
All das entwickelt sich durch die Eigenaktivität der Kinder und durch Potenziale, die sie
selbst in ihren eigenen Bildungsprozess einbringen. Nach Gerd E. Schäfer spricht man hier von
„Selbstbildungspotenzialen“. Diese individuellen Ressourcen werden aber nur wirksam, wenn die
Umgebung Sicherheit vermittelt und zudem passgenaue, das heißt individuell abgestimmte An-
regungen gibt. Wo dies geschieht, entwickeln sich aktive, neugierige, selbstbewusste, kritische,
sozial kompetente, verantwortungsbewusste junge Menschen. Wo dies aber nicht der Fall ist,
entstehen schon sehr früh ungleiche Bildungs- und Entwicklungschancen, die dazu führen, dass
Kinder ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Gezielte Prävention und Förderung bei begin-
nender Ungleichheit der Bildungschancen sind also zentrale Themen für die Kindertagesein-
richtungen, und sie können umso mehr bewirken, je früher sie einsetzen und je bessere pädago-
gische Arbeit die Einrichtung leisten kann.
Die beste Wertanlage: Qualität
Was eine Krippe oder eine Kita bewirkt, hängt auch von Konzepten und pädagogischen be-
ziehungsweise zwischenmenschlichen Prozessen ab. Mindestens ebenso wichtig sind aber aus-
reichende Rahmenbedingungen: Ein guter ErzieherIn-Kind-Schlüssel, kleine Gruppen, eine hohe
Qualifikation des Personals – diese drei Faktoren bilden nach Deborah Phillips das „eiserne
Dreieck der Strukturqualität“. Den fachlich notwendigen Personalschlüssel hat leider kein Bun-
desland vorzuweisen, besonders bei Kindern unter drei Jahren. Wir müssen also nach der Phase
des erheblichen quantitativen Ausbaus jetzt dringend für mehr Qualität sorgen!
Gute Qualität gibt es also nicht zum Nulltarif, aber Qualität zahlt sich aus. Der Wirtschaftswis-
senschaftler und Nobelpreisträger James Heckman hat Modellrechnungen vorgelegt, die zeigen,
dass die frühkindliche Bildung ein deutlich größeres Präventions- und Förderpotenzial hat als
alle Bemühungen in späteren Lebensjahren. Ausgaben für frühkindliche Bildung und Förderung
sind Investitionen, die sich – auch rein ökonomisch gesehen – mehrfach auszahlen, denn sie
verbessern die Qualität der fundamentalen Bildungsprozesse und sie helfen, ungleiche Chancen
auszugleichen.
Rainer Strätz
Prof. Dr. Rainer Strätz
Fachhochschule Köln,
Fakultät für angewandte
Sozialwissenschaften
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