3
nds 2-2012
Andrea Britze
Promotionsstudentin an der
Universität Köln
Mitglied der Jungen GEW NRW
und des Landesfrauen-
ausschusses GEW NRW
Der Frauenanteil bei Teilzeitbeschäftigten ist signifikant hoch
Teilzeitarbeit – für Frauen Fluch oder Segen?
Eine Teilzeitbeschäftigung ist naturgemäß
mit finanziellen Einbußen verbunden. Aus
rechtlicher Perspektive sollte dies allerdings
das einzige sein, womit Teilzeitbeschäftigte
konfrontiert werden. Doch weit gefehlt! Un-
abhängig von der Frage, wie gut es in
Deutschland gelingt, den Schutz von Teilzeit-
Auf den ersten Blick erscheint eine Teilzeitbeschäftigung, ganz gleich in wel-
chem Berufsfeld und in welcher individuellen Ausgestaltung, als naheliegen-
de Möglichkeit für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Berufs-
tätigkeit mit anderen Pflichten kompatibel zu machen. Genauer betrachtet,
ist vor allem in Deutschland der Anteil der Frauen bei den Teilzeitbeschäf-
tigten signifikant hoch, weil sie die andere Hälfte ihres Arbeitstages mit un-
bezahlter Familienarbeit, also mit der Betreuung und Pflege von Kindern
oder anderen Familienangehörigen, verbringen. Während in Großbritannien,
Belgien, den Niederlanden und Deutschland über 40 Prozent der beschäftig-
ten Frauen in Teilzeit arbeiten, sind es in vielen ost- und auch südeuro-
päischen Staaten unter 10 Prozent (Eurostat 2011)!
beschäftigten vor Diskriminierung durchzu-
setzen, bedeutet die Teilzeitarbeit auch ohne
überdurchschnittliche Diskriminierung neben
den zum Teil gravierenden Einkommensein-
bußen zudem: weniger Urlaub, weniger Ar-
beitslosengeld und deutlich weniger finanzi-
elle Altersabsicherung!
Antidiskriminierungsmaßnahmen
Schon 1994 hat die Internationale Ar-
beitsorganisation ILO einen Beschluss zur
Teilzeitarbeit gefasst, der die Durchsetzung
strikter Anti-Diskriminierungsmaßnahmen in
den Mitgliedsstaaten der ILO befördern soll-
te. Darin wurde festgelegt, dass Teilzeitbe-
schäftigte keine Nachteile bezüglich des
Stundenlohns und der sozialen Sicherung, be-
züglich des Elternurlaubs, Kündigungsfristen
und Urlaubsregelungen haben sollen und
dass für alle Erwerbstätigen auch die Mög-
lichkeit des Transfers von Teilzeit- in Vollzeit-
beschäftigung und umgekehrt immer gege-
ben sein muss. Die Europäische Union hat ei-
nige Jahre später eine ähnliche Richtlinie ver-
abschiedet, die der Diskriminierung von Teil-
zeitbeschäftigten entgegenwirken sollte.
Unfreiwillige Teilzeit
Wenn Menschen sich für Teilzeitbeschäfti-
gung entscheiden, weil sie eben nur einen
Teil ihres Lebens mit Erwerbsarbeit verbrin-
gen wollen, ist die Sachlage anders als für
Menschen, die sich für Teilzeitarbeit entschei-
den, weil ihnen andere Verpflichtungen keine
freie Wahl lassen. Dieser sogenannten unfrei-
willigen Teilzeit aufgrund familiärer Verpflich-
tungen kann eine Anti-Diskriminierungs-
Richtlinie allein nicht entgegenwirken.
Mehr und bessere Betreuungsangebote
schaffen!
Hier muss eine Verbesserung der Betreu-
ungsangebote hinzukommen, die allen (Müt-
tern, auch Vätern, aber die sind noch stark in
der Minderheit, sowie FamilienarbeiterInnen),
die eigentlich mehr als Teilzeit arbeiten wol-
len, die reale (also finanzierbare) Möglichkeit
geben, einen Teil der Kinderbetreuung oder
Angehörigen-Pflege an öffentliche Einrich-
tungen, Pflegedienste o.Ä. abzugeben.
Andrea Britze
Quelle
European Union. 1997. Richtlinie 97/81/ EG des
Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE,
CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung
über Teilzeitarbeit. Brüssel.
p us
1,2 4,5,6,7,8