Stadt-Zeitung03/2016
GEW StadtverbandDüsseldorf
PrekäreBeschäftigung
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die Integration nicht gelingen, denn immer mehr Lehrkräfte verlassen un-
serenBeruf, sodasses schon jetzteinenvonderPolitikbeklagtenMangel an
Lehrer*innen fürDeutschals Zweitsprachegibt.
Vor einerWoche gab das Bundesinnenministerium bekannt, die Honorare
in den Integrationskursen auf 35 € brutto pro Unterrichtsstunde erhöhen
zuwollen.Wir begrüßendies, aber betrachten es lediglich als einen ersten
Schritt in die richtige Richtung. Unser Bündnis fordert das Finanzministeri-
umauf, diebenötigtenMittel zeitnah zur Verfügung zu stellen.
Mit der vom BMI geplanten Honorarerhöhung würde sich die Bundesre-
gierung endlich einemwichtigen Punkt ihres Koalitionsvertrags annähern.
2013 wurde beschlossen: "Die Integrationskurse haben sich bewährt. Wir
wollen sie qualitativ weiter verbessern (Differenzierung nach Zielgruppen,
Kursgrößenund angemesseneHonorierungder Lehrkräfte)." Auchdie letz-
te Integrationsministerkonferenz hat den Bund erneut aufgefordert, die
Lehrkräfteangemessen zubezahlen.
Wir verfügen über akademische Abschlüsse und Zusatzqualifikationen, er-
teilen professionellen Sprachunterricht, lehren Politik und Geschichte und
leisten damit Integrationsarbeit in heterogenen Gruppen mit Menschen
verschiedener Muttersprachen, Herkunftsländer und Altersgruppen, mit
und ohne Schul- und Sprachlernerfahrung, teilweise traumatisiert und in
problematischen Lebenssituationen.Wirunterrichtennicht nur inAlphabe-
tisierungs- und Integrationskursen, sondern auch auf höheremNiveau (B2,
C1 undC2), umunsere Teilnehmer*innen zur Aufnahme einer Ausbildung,
einerqualifiziertenArbeitodereinesStudiums zubefähigen.Das in Integra-
tionskursenangestrebteNiveauB1 reicht dafür nicht.
Das Bundesministerium des Innern bezeichnet Integrationskurse als Kern-
stück der Integrationsanstrengung und als zentraleAufgabe für unsereGe-
sellschaft. Trotzdemwerden uns Lehrkräften prekäre Arbeitsbedingungen
zugemutet. Diemeisten von uns werden gezwungen, als Honorarkräfte zu
arbeiten, was sehr oft Scheinselbstständigkeit bedeutet .Selbst bei jahr-
zehntelanger Vollzeitarbeit für einenAuftraggeberwerdenwir freiberuflich
mit kurzfristigenHonorarverträgen eingesetzt. ImRahmen einer Vollzeittä-
tigkeit erhalten wir, je nach Bildungsträger, zwischen 1000 und 1400 Euro
proMonat netto. Einen bezahlten Urlaub gibt es für diemeisten von uns
nicht, undKrankheitbedrohtunsereExistenzdurchHonorarausfall.Vonden
Sozialabgabenmüssenwir sowohl denArbeitnehmer- als auch denArbeit-
geberanteil selbst tragen. Altersarmut ist vorprogrammiert.
80 % der Lehrkräfte in Deutschkursen sind Frauen. Wir betrachten diese
Arbeitsbedingungen als strukturelleDiskriminierung von Frauenerwerbstä-
tigkeit.