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Stadt-Zeitung02/2017
 GEW StadtverbandDüsseldorf
 Gedenken
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alles daran gesetzt hatten, möglichst
viele Spuren ihrer Verbrechen zu besei-
tigen, bevor sie von der Roten Armee
aus dem Land getrieben wurden. Zum
anderen stand der Massenmord an
der jüdischen Bevölkerung weder im
kommunistischen Polen noch in der
Zeit nach 1989 imMittelpunkt der pol-
nischen Erinnerungskultur. Darüber hi-
naus leb(t)ennurnochwenige Jüdinnen
und Juden in Polen, viele Überlebende
emigriertennachdemKriegbzw. inden
1960er Jahren wegen des anhaltenden
Antisemitismus. Mit Ausnahme von
MajdanekentstandenGedenkstättenan
den Standortendieser Lager erst inden
1960er Jahren.Bei allenSchwierigkeiten
ist seit einigen Jahren ein deutlicher
Wandel der polnischen Erinnerungskul-
tur erkennbar: So wurde die Gedenk-
stätte in Bełżec wurde 2004 komplett
neu gestaltet und modernisiert, die
Gedenkstätte in Sobibór wird derzeit
umgebaut. SeitAnfangder1990er Jahre
rekonstruiert unddokumentiert das aus
nichtstaatlicher Initiative entstandene
Museumsprojekt „Teatr NN“ in bewun-
dernswerter Weise die Geschichte des
jüdischenLublin.
Besichtigt wurden nicht nur das Kon-
zentrations- und Vernichtungslager
Majdanek, die beiden genannten „Tran-
sitghettos“ und die „Vernichtungslager“
BełżecundSobibór, indenenzusammen
mindestens 750.000Menschen ermor-
det wurden. Den Organisatoren der
Fahrt lag vor allem daran, den gesamt-
en Ablauf und die Hintergründe dieses
ungeheuerlichen Mordprogramms der
„Aktion Reinhardt“ anschaulich zu ver-
mitteln, von seinem Beginn im März
1942 imdamaligenGhetto Lublinbis zu
seinemAbschluss,dervondenMördern
zynisch so bezeichneten „Aktion Ernte-
fest“ am 3./4.11.1943. An nur zwei Ta-
Ander
Gedenkstätte in
Bełżec legtendie
Teilnehmer*innen
zwei Kränze
nieder, umandie
hierermordeten
Menschen zuer-
innern.DieKränze
wurdenvonden
Bezirksregie-
rungenArnsberg
undDüsseldorf
gestiftet.
gen ermordeten deutsche SS- und Poli-
zeieinheiten imKZMajdanek sowieden
Zwangsarbeitslagern Poniatowa und
Trawniki insgesamt 42.000 Menschen
– es war dies die größteMassenexeku-
tion während des Zweiten Weltkriegs
überhaupt.
VieleGebäude, dieBehördenund Insti-
tutionen beherbergten, die eine große
Bedeutung im damaligen, arbeitsteilig
organisiertenMordprozess hatten, sind
heute noch erhalten. Doch es fehlen
heuteHinweiseauf ihredamalige Funk-
tion: die Distriktverwaltung Lublin, die
an den „Aussiedlungen“ der jüdischen
Bevölkerung (also: amMassenmord)ak-
tivbeteiligtwar; der „FlugplatzLublin“–
Zwangsarbeitslager und Umschlagplatz
Hunderttausender Güter, die den in
den „Distrikt Lublin“Deportierten zuvor
geraubt worden waren; die SS-Stand-
ortverwaltung, die die geraubtenGüter
erfasste und verwertete; schließlich
die Zentrale des SS- und Polizeiführers
Lublin (OdiloGlobocnik), inder ein klei-
nerStabvonnur5MenschendieMorde
koordinierte. Aufgedecktwurdebei die-
senStadtrundgängendurchLublinnicht
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36
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