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Stadt-Zeitung02/2017
 GEW StadtverbandDüsseldorf
 Gedenken
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Dies nahmen die Mahn- und Gedenk-
stätte Steinwache (Dortmund) und der
Erinnerungsort Alter Schlachthof zum
Anlass, gemeinsammit dem Bildungs-
werk Stanislaw Hantz, das seit mehr
als 18 Jahren in der Erinnerungs- und
Bildungsarbeit in der Region Lublin ak-
tiv ist, eine gemeinsame Studienfahrt
zu organisieren. Sie fand freundliche
Unterstützung durch das Polnische In-
stitut Düsseldorf, den IBB (Dortmund),
die Bethe-Stiftung, die Mahn- und
GedenkstätteDüsseldorf, denAStAder
HochschuleDüsseldorfunddieBezirks-
regierungen Arnsberg und Dortmund.
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Teilnehmer*innen
erkundeten
gemeinsam die „vergessenen Orte“
des Holocausts in der Region Lublin,
unter ihnen zahlreiche Lehrer*innen,
Studierende und im außerschulischen
Bildungsbereich tätigeKolleg*innen.
Drei Deportationen
ausdenRegierungsbezirken
Düsseldorf undArnsberg
Die rund 2.000 Menschen aus den
Regierungsbezirken Düsseldorf und
Arnsbergwurden indreiDeportationen
in denDistrikt Lublin verschleppt. Zwei
Transporte – über die „Sammelstellen“
Düsseldorfer Schlachthof (22.4.1942)
und Dortmund (28.4.1942) – ende-
ten in den „Transitghettos“ Izbica
und Zamość. Unter ihnen befand sich
beispielsweise der 20jährige Essener
Ernst Krombach. Seine mit Hilfe eines
Wehrmachtsangehörigen heimlich aus
demGhetto geschmuggelten Briefe an
seineVerlobteMarianne sindbisheute
einzigartige Lebenszeichenaus Izbica:
„Das Strafgesetzbuch ist schnell zu er-
zählen: Todesstrafe. Henkersleute, die
die Armen herausschleppen und zum
Teil auchausfindigmachen, sind Juden.
Verboten ist hier alles und die Strafe
wieobenerwähnt [...]. Inder Zwischen-
zeit sind nun schon viele Transporte
hier abgegangen. Von ca. 14.000 hier
angekommenen Juden sind heute nur
nochca. 2–3.000da.DieseLeutegehen
mit noch weniger in Viehwagen und
schärfster Behandlung hier los, d. h.
mit dem, was sie am Leibe tragen. [...]
Gehört hat man von diesen Leuten nie
mehr etwas.“
Soweit die Verschleppten hier nicht
aufgrund der dort herrschenden kata-
strophalen Bedingungen ums Leben
kamen, wurden sie in den nahe gele-
genen Vernichtungslagern Bełżec oder
Sobibór ermordet. In einem dritten
Transport verschleppte die Gestapo
am 15.6.1942 1.003 Menschen aus
den Regierungsbezirken Koblenz, Köln,
Aachen und Düsseldorf in dasMordla-
ger Sobibór. NiemandderDeportierten
überlebte.
Erinnerungskultur
inderRegion Lublin
IndenGedenkstättenderRegionLublin
trifftman auf keine großen Besucher-
massen. Nur etwa 140.000 Menschen
besuchen jährlich Majdanek, Bełżec
und Sobibór – dies sind etwa 10% der
Besucher*innen der Gedenkstätte in
Auschwitz. Dabei war es in dieser Re-
gion, in der die deutschen Besatzer im
März 1942 den Massenmord an den
polnischen Jüdinnenund Juden inGang
setzten. Innerhalb nur eines Jahres er-
mordeten deutsche SS- und Polizeiein-
heiten fast 2MillionenMenschen. Der
Historiker Stephen Lehnstädt bezeich-
nete die „Aktion Reinhardt“ deswegen
mitRecht alsden„KerndesHolocaust“.
Doch nach dem Krieg wurden die Ver-
nichtungslager der „Aktion Reinhardt“
zu „vergessenen Orten“. Dies lag zum
einen daran, dass die deutschen Täter
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