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nds 4-2014
Kommunalwahlen
sindBildungswahlen
DenKommunalwahlenkommt einebesondereBedeutung zu,wennesdarumgeht, Angelegen-
heiten vor Ort zu gestalten, die uns unmittelbar betreffen – wie die örtliche Bildungspolitik, die
in der Kommunalpolitik eine zentrale Rolle spielt. Es hat sich herumgesprochen: Die Kommunen
sind wesentliche Bildungsakteure und dürfen insoweit nicht auf ihre Aufgaben des Schulbaus
und der Schulverwaltung reduziert werden. So heißt es in der „Münchner Erklärung“ des Deut-
schenStädtetages aus dem Jahr 2012: „DieStädteundGemeindenhaben ihr bildungspolitisches
Engagement in den letzten Jahren verstärkt. Dabei spielt die kommunaleMitverantwortung für
mehr Bildungsgerechtigkeit, Teilhabe undQualität ebenso eine zentraleRollewie die gestiegene
Bedeutung der Bildung für nachhaltige Entwicklung.“
Gleichzeitig räumt das Land den Kommunen zunehmend Spielräume bei der Gestaltung der
kommunalen Bildungslandschaft ein – zum Beispiel im Zuge des Schulkonsenses. Handlungslei-
tend dürfte bei dieser Ermöglichungspolitik nicht immer und nur die zu begrüßende Stärkung
kommunaler Selbstverwaltung sein. Dahinterstehen könnteauchdasBestreben, hitzigebildungs-
politische Diskussionen nach „unten“ zu verlagern und belastende Standardsetzungen für den
Landeshaushalt zu vermeiden – Stichwort: Konnexität. Zwar ist einÜbermaßanStandards für die
vielfältigen Aufgabenerfüllungen der Kommunen nicht zu befürworten. Ein „Untermaß“ jedoch
kann zu ungleichwertigen Lebensverhältnissen im Land und Bildung nach kommunaler Kassen-
lage führen. DieseBefürchtung kommt aktuell insbesondere angesichts der UmsetzungdesMen-
schenrechts auf inklusive Bildung durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz auf.
Die meisten Bildungsprozesse finden vor Ort statt. In den Gemeinderä-
ten, den Stadträten und den Kreistagen werden wichtige bildungspoli-
tische Weichenstellungen getroffen: die Umsetzung des Rechtsanspruchs
auf einen Kita-Platz, der Bau und die (multifunktionale) Gestaltung von
Bildungsstätten, dieGestaltungder örtlichen Schullandschaft inAnbetracht der demografischen
Entwicklung, des sich ändernden Schulwahlverhaltens der Eltern und des Trends hin zu Schulen
des gemeinsamen Lernens, der Ausbau und die Qualitätssicherung imGanztag, die Umsetzung
einer qualitätsvollen Inklusion, die Sicherung der kommunalenMusikschulen, Volkshochschulen,
BibliothekenundArchive alswichtigeOrte außerschulischer Bildung, dieGestaltung eines guten
Übergangs von der Schule in den Beruf, die Vernetzung der unterschiedlichen Bildungsinstituti-
onenund -akteure zukommunalenBildungslandschaften, dieÖffnungderBildungseinrichtungen
in die Sozialräume hinein und der Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings und einer
Bildungsberatung.
Eine gelingende Bildungspolitikweiß um dieseHerausforderungen, setzt entsprechende lang-
fristige Prioritäten und ist bei knappen Kommunalhaushalten bereit, Mittel umzuschichten oder
neueMittel zu generieren. Im Vorfeld der Kommunalwahlen sollten die verschiedenen Parteien
also befragt werden: Welche (evidenzbasierte) kommunale Bildungspolitik verfolgen sie bis zum
Jahr 2020undwowollen siePrioritäten setzen?Dabei geht eineguteundnachhaltigeBildungs-
politikalleBürgerInnenan. Die steigendeZahl an insbesondere schulpolitischenBürgerbegehren
und -entscheiden in den letzten Jahren zeigt, dass sich die BürgerInnen zunehmend für diese
wichtigen Themen mobilisieren lassen. Dies sollte sie auch zur Urne treiben. Denn letztendlich
geht es bei den anstehenden Kommunalwahlen umGerechtigkeit, Teilhabe, Qualität undNach-
haltigkeit in der Bildung vor Ort – also um sehr viel!
Angela Faber
Prof. Dr. Angela Faber
Hauptreferentin für Bildung
des Deutschen Städte-
tages/Städtetages NRW
„Es gibt nur eins, was auf
Dauer teurer ist als Bildung:
keine Bildung.“
John F. Kennedy
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